Dutzende demonstrieren in Rabat Marokkaner küssen für mehr Toleranz
13.10.2013, 00:46 Uhr
Küssen gegen die strengen Sitten: Dutzende Marokkaner ließen Taten sprechen.
(Foto: dpa)
In Marokko müssen sich ein 15-jähriger Junge und seine ein Jahr jüngere Freundin vor Gericht verantworten, weil sie sich öffentlich geküsst haben. Viele Marokkaner sind über die Justiz ihres Landes empört - und starten eine Kuss-Demo.
Mit einem symbolischen "Kiss-in" haben einige Dutzend Marokkaner in der Hauptstadt Rabat für mehr gesellschaftliche Toleranz demonstriert. Die Teilnehmer der Kundgebung versammelten sich zu einem öffentlichen Treffen vor dem Parlament, bei dem sie Küsse austauschten. Anlass ist die juristische Verfolgung eines 15-jährigen Jungen und seiner 14-jährigen Freundin, die ein Kuss-Foto ins Internet gestellt hatten. Auch ein 15 Jahre alter Freund der beiden, der das Foto vor einer Schule gemacht hatte, muss mit einer Haftstrafe rechnen.
"Unsere Botschaft besteht darin, dass wir die Liebe verteidigen, die Freiheit zu lieben und zu küssen", sagte Ibtissam Lachgar, die zu den Organisatoren gehörte. "Unserer Meinung nach ist die Botschaft angekommen." Im Internet hatten mehr als 2000 Menschen ihr Kommen angekündigt. Zum Teil wird der Protest aber auch im Internet selbst veranstaltet, wo weitere Jugendliche Fotos von Kuss-Szenen veröffentlichten.
Die Teilnehmer des "Kiss-ins" wurden von einigen Gegendemonstranten rabiat angegangen, die mit Stühlen eines Straßencafés nach ihnen warfen. "Wir sind in einem islamischen Land, in dem das Küssen in der Öffentlichkeit verboten ist, schon ein kleiner Kuss kann andere Dinge nach sich ziehen", ereiferte sich einer der Gegendemonstranten. "Das sind Atheisten, die gegen den Islam verstoßen."
Ein Gericht im nordmarokkanischen Nador hatte den Prozess gegen die drei Jugendlichen am Freitag auf den 22. November vertagt. Zur Begründung hieß es, der Richter wolle "die soziale Situation der Heranwachsenden prüfen". Die Angeklagten müssen wegen "öffentlichen Verstößen gegen die Sitten" mit Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren rechnen.
Quelle: ntv.de, AFP