Politik

Moskau zieht Fäden im Hintergrund Massenflucht in Syrien

Ein Rebellenkämpfer in Aleppo.

Ein Rebellenkämpfer in Aleppo.

(Foto: REUTERS)

Sie wollten Brot - und wurden mit Bomben beschossen: Der Angriff auf eine Bäckerei im syrischen Halfaja sorgt für eine Massenflucht. Die Angst vor weiteren perfiden Attacken ist einfach zu groß. Unterdessen geht das Blutvergießen weiter. Russland wird dadurch aktiver: Es gibt in Moskau so etwas wie Friedensgespräche.

Nach dem verheerenden Armeeangriff auf den syrischen Ort Halfaja sind nach türkischen Regierungsangaben mehr als tausend Syrer über die Grenze geflüchtet. Innerhalb von 24 Stunden seien 1100 Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, gekommen, sagte ein Vertreter des türkischen Außenministeriums. Auslöser der Massenflucht sei der Angriff auf Zivilisten vor einer Bäckerei in Halfaja. Damit stieg die Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei nach offiziellen Angaben auf 148.000.

Berichten von Menschenrechtsaktivisten zufolge waren bei dem perfiden Luftangriff in Halfaja in der zentralsyrischen Provinz Hama am Sonntag mindestens 60 Menschen getötet worden. Die Raketen schlugen ein, als hunderte hungrige Menschen vor dem Geschäft auf Brot warteten. Immer wieder wurde in den letzten Tagen seitens der Opposition auch berichtet, das Regime habe Giftgas eingesetzt. Bislang konnte diese Behauptung jedoch von einer unabhängigen Stelle nicht bewiesen werden. Seit dem Beginn der blutigen Niederschlagung von Protesten gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad im März 2011 wandelte sich die Türkei vom einstigen Verbündeten zum scharfen Kritiker Assads und fordert mittlerweile dessen Rücktritt.

Nach dem Beschuss der Bäckerei: Angst, Panik, Chaos.

Nach dem Beschuss der Bäckerei: Angst, Panik, Chaos.

(Foto: AP)

Die syrische Regierung will unterdessen offenbar mit Russland über Friedenspläne beraten. Präsident Assad habe dafür am Mittwoch seinen Vize-Außenminister Faisal Makdad nach Moskau geschickt, sagte ein Vertreter syrischer Sicherheitskreise. Makdad solle dort über Assads jüngste Unterredung mit dem UN-Sondergesandten Lakhdar Brahimi sprechen. Während damit die diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Konflikts eine neue Wendung nahmen, ging die Gewalt in Syrien unvermindert weiter. Im Norden des Landes wurden nach Oppositionsangaben durch Armeebeschuss 20 Menschen getötet, darunter mindestens 8 Kinder.

Der Vertreter der syrischen Sicherheitskräfte wollte sich mit Blick auf die Russland-Diplomatie nicht dazu äußern, ob ein konkreter Friedensplan geschmiedet wird. Aus Syrien-nahen Kreisen im Libanon verlautete aber, der Vize-Außenminister solle in Moskau Rat zu einer möglichen Friedensvereinbarung einholen. Im Moskauer Außenministerium hieß es, Makdad werde mit Ressortchef Sergej Lawrow und dem russischen Sondergesandten für den Nahen Osten, Michail Bogdanow, zusammenkommen. Russland hat Assad diplomatisch und militärisch unterstützt. Bogdanow selbst hatte aber Mitte Dezember eine Niederlage Assads für möglich erklärt.

Brahimi noch vage

Der UN-Sondergesandte Brahimi war am Montag mit Assad zusammengetroffen. Brahimi hatte dabei nach eigenen Angaben dargelegt, wie der seit 21 Monaten andauernde Konflikt zwischen Aufständischen und Regierung aus seiner Sicht beigelegt werden könne. Zu konkreten Friedensplänen hielt sich Brahimi bedeckt. Der libanesische Vertreter sagte aber weiter, nach dem Gespräch mit Brahimi habe in der syrischen Regierung Zuversicht geherrscht. Es gebe eine neue, positive Entwicklung. Genauer äußerte sich der Libanese nicht.

Dunkler Rauch über der Front bei Aleppo.

Dunkler Rauch über der Front bei Aleppo.

(Foto: REUTERS)

Am Mittwoch veröffentlichte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Internet ein Video, in dem Reihen blutverschmierter Leichen zu sehen waren. Im Hintergrund waren zudem Wehklagen von Angehörigen zu hören. Beschossen wurde den Angaben zufolge das Dorf Al-Kahtania in der Provinz Rakka. Wann der Angriff geschah, blieb zunächst unklar. In dem seit März vergangenen Jahres andauernden Aufstand sind Schätzungen zufolge bislang mehr als 44.000 Menschen getötet worden. Zugleich haben immer mehr Syrer dem Präsidenten den Rücken gekehrt.

Zuletzt lief der Chef der syrischen Militärpolizei zu den Gegnern des Präsidenten über. "Die Armee hat Städte und Dörfer zerstört sowie Massaker an der unbewaffneten Bevölkerung verübt, die auf der Straße Freiheit forderte", begründete General Abdelasis Dschassim al-Schalal seinen Schritt. In Rebellenkreisen hieß es, Schalal sei in die Türkei geflohen. Aus syrischen Sicherheitskreisen verlautete, Schalal hätte ohnehin in einem Monat in den Ruhestand treten sollen. "Er ist nur übergelaufen, um den Helden zu spielen", hieß es.

Quelle: ntv.de, jmü/rts/AFP

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