Politik

Kabul weiter im politischen Vakuum Meiste Minister abgelehnt

Das afghanische Parlament lässt die Mehrheit der von Präsident Karsai nominierten Minister in einer Vertrauensabstimmung durchfallen. Nur sieben der 24 vorgeschlagenen Kandidaten werden von den Abgeordneten bestätigt.

Ein afghanisches Parlamentsmitglied bei der Abgabe seiner Stimme. für - oder gegen - die Ministervorschläge von Präsident Karsai.

Ein afghanisches Parlamentsmitglied bei der Abgabe seiner Stimme. für - oder gegen - die Ministervorschläge von Präsident Karsai.

(Foto: AP)

Das afghanische Parlament hat mehr als zwei Drittel der von Präsident Hamid Karsai vorgeschlagenen Kabinettsmitglieder abgelehnt. 17 von 24 Ministern wurden in teilweise engen und langwierigen Abstimmungen abgewiesen. Unter den bestätigten Ministern sind jedoch die wichtigsten Ressorts wie Inneres und Verteidigung. Damit bleibt das politische Vakuum in Kabul bestehen.

Nach der Abstimmung forderten Kritiker den Rücktritt des umstrittenen Staatschefs. "Der Präsident sollte jetzt zurücktreten, er muss zurücktreten", sagte Ahmad Schah Ahmadsai, ein früherer Premierminister.

Einzige Frau abgelehnt

Abgelehnt wurde unter anderen der Warlord Ismail Khan, den Karsai an die Spitze des Wasser- und Energieministeriums berufen wollte. Seine Nominierung wurde weithin als Belohnung für die Unterstützung gesehen, die Khan Karsai im Präsidentschaftswahlkampf gewährt hatte. Überraschend war, dass auch die einzige designierte Frau das Vertrauen der Abgeordneten nicht erhielt. Husn Banu Ghasanfar, der scheidenden Ministerin für Frauenangelegenheiten, fehlten zwei Stimmen für den Verbleib im Amt. Experten zufolge zeigt die Ablehnung durch das Parlament, dass Karsai Probleme hat, qualifizierte Personen für die Ministerposten zu rekrutieren.

Bestätigt wurden die amtierenden Minister für Inneres und Verteidigung, Mohammed Hanif Atmar und Abdul Rahim Wardak, die auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft haben. Gebilligt wurden zudem Karsais Vorschläge für die Ressorts Finanzen, Bildung, Kultur, Landwirtschaft und Industrie. Nicht zur Abstimmung gestanden hatte der 25. Ministerposten, nämlich der des Außenministers. Hierüber solle erst nach der Afghanistan-Konferenz in London Ende Januar abgestimmt werden, sagte Parlamentssprecher Hasib Nuri. Zu der Konferenz werde der amtierende Chefdiplomat Rangin Dadfar Spanta reisen.

Neue Vorschläge erst Mitte Februar

Die Ministerien, deren designierte Ressortchefs nicht das Votum der Abgeordneten erhielten, werden bis auf weiteres von den Vize-Ministern geleitet. Nach Angaben Nuris kann ein durchgefallener Kandidat kein zweites Mal aufgestellt werden. Da das Parlament am 5. Januar für 45 Tage in die Winterpause geht, kann Karsai neue Vorschläge erst wieder ab dem 20. Februar vorlegen.

Karsai weiter unter Druck

Karsai war vor mehr als vier Monaten in einer wegen Betrugs umstrittenen Wahl im Amt bestätigt worden, im November wurde er vereidigt. Der Westen hatte ihn gedrängt, sich einer Stichwahl zu stellen, aus der sich aber Oppositionsführer Abdullah Abdullah zurückzog. Karsai brauchte rund anderthalb Monate, um dem Parlament Ende Dezember seine Kabinettsliste vorzulegen. Er stand unter erheblichem Druck der internationalen Gemeinschaft, die darauf gepocht hatte, dass die Ministerkandidaten als möglichst wenig korrupt gelten. Nach Darstellung von Transparency International ist Afghanistan das zweitkorrupteste Land der Welt nach Somalia.

Mit der Kabinettsliste Karsais, der unter anderem die Zahl der Warlords im Kabinett eingeschränkt hat, hatten sich westliche Diplomaten insgesamt zufrieden gezeigt. "Das ist ein Kabinett, mit dem wir arbeiten können", hieß es unter Diplomaten.

Bundeswehrsoldaten beschossen

In der Provinz Baghlan im Norden des Landes wurde am Samstag eine Bundeswehrpatrouille beschossen. Die Angreifer hätten mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrfäusten geschossen, es sei aber kein deutscher Soldat verletzt worden, teilte das Einsatzführungskommando in Potsdam mit. In Pol i Chomri in Baghlan hat die Bundeswehr ein Regionales Wiederaufbauteam (RPT) stationiert.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/APF

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