Politik

Wulff und die Frage, wer Recht hat Merkel bleibt Antwort schuldig

Die Kanzlerin und "ihr Kandidat": Angela Merkel steht zu Bundespräsident Christian Wulff.

Die Kanzlerin und "ihr Kandidat": Angela Merkel steht zu Bundespräsident Christian Wulff.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit Tagen hält sich Kanzlerin Merkel in der Causa Wulff vornehm zurück. Nun bekräftigt ihr Sprecher ihre "große Wertschätzung für Christian Wulff als Menschen und für Christian Wulff als Bundespräsidenten". Ob Merkel ihm oder der "Bild"-Zeitung glaubt, verrät er nicht.

Nach langem Schweigen hat sich Kanzlerin Angela Merkel über Regierungssprecher Steffen Seibert zur Kredit- und Medienaffäre um Bundespräsident Christian Wulff geäußert. Sie begrüße die öffentlichen Erklärungen Wulffs. Das Fernsehinterview des Staatsoberhaupts sei ein wichtiger Schritt gewesen, das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen, sagte Seibert.

Er bekräftigte: "Die Bundeskanzlerin hat große Wertschätzung für Christian Wulff als Menschen und für Christian Wulff als Bundespräsidenten. Und sie hat große Achtung vor dem Amt, das er innehat." Ob das Amt beschädigt sei, dazu wollte Seibert keine Einschätzung abgeben.

Die Entscheidung, ob ein Anruf Wulffs auf der Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann veröffentlicht werden solle, liege "ausschließlich zwischen der 'Bild'-Zeitung und dem Bundespräsidenten", sagte Seibert. "Der Bundespräsident hat sich auf Anfrage der 'Bild'-Zeitung gegen eine Veröffentlichung entschieden. Das ist zu respektieren und wird von der Bundeskanzlerin nicht kommentiert." Seibert verwies darauf, dass Wulff sich in seinem Fernsehinterview für den Anruf entschuldigt habe. "Die Entschuldigung ist (damals von Diekmann) angenommen worden, und auch das ist zu respektieren."

Während die Menschen in der Republik über die Kreditaffäre diskutieren, empfangen Bundespräsident Christian Wulff und seine Frau die Sternsinger vor dem Schloss Bellevue.

Während die Menschen in der Republik über die Kreditaffäre diskutieren, empfangen Bundespräsident Christian Wulff und seine Frau die Sternsinger vor dem Schloss Bellevue.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Frage, ob Merkel das Transkript des Mailbox-Anrufes kenne, verneinte Seibert. Ob der Bundespräsident mit seinem Anruf die Berichterstattung verhindern oder für Verschiebung sorgen wollte, ist zwischen Wulff und "Bild"-Zeitung umstritten.

Seibert wich der Frage aus, ob Merkel "eher den Aussagen von Herrn Wulff oder den Aussagen von Herrn Diekmann" glaube. Dazu sagte er, das sei etwas, "das zwischen der 'Bild'-Zeitung und dem Bundespräsidenten, nicht zwischen der 'Bild'-Zeitung und der Bundeskanzlerin zu klären ist".

"Wulff wird alle Fragen beantworten"

Seibert betonte, Wulff zeige Offenheit und Transparenz "in einer Weise, die es so noch nicht häufig gegeben hat in der Geschichte der Bundesrepublik". In der Mischung aus Transparenz und seiner täglichen Arbeit könne er Vertrauen wieder zurückgewinnen. Seibert fügte hinzu: "Es wird so sein - und da hat die Bundeskanzlerin volles Vertrauen -, dass der Bundespräsident auch alle weiteren relevanten Fragen mit der gleichen Offenheit beantworten wird, sollten noch welche auftauchen."

Zuvor hatte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil ein klärendes Wort der Kanzlerin gefordert. "Schließlich war das ihr Kandidat." Heil sagte der ARD, Wulffs Art "im Staatsamt zu agieren, ist etwas, was politische Kultur mittlerweile beschädigt - weit über das Amt des Bundespräsidenten hinaus." Die Frage nach einem Rücktritt könne Wulff aber nur selbst beantworten.

BW-Bank fährt Wulff in die Parade

Heil verlangte auch eine Veröffentlichung von Wulffs Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann. "Dann wissen wir, ob er tatsächlich eine Berichterstattung unterdrücken wollte, das wäre unwürdig für ein Staatsoberhaupt gegenüber freier Presse, oder ob es lediglich um die Bitte um Verschiebung ging."

Neben dem Widerspruch über die Motive des Mailbox-Anrufes bestehen auch unterschiedliche Darstellungen über einen Vertrag für ein langfristiges Darlehen zur Finanzierung von Wulffs Einfamilienhaus. Die BW-Bank erklärte der "Welt" zufolge, der Vertrag für das Darlehen sei nicht bereits im November 2011 zustande gekommen, wie Wulff es in dem TV-Interview dargestellt hatte. Im November hätten sich die Bank und Wulff lediglich mündlich geeinigt. Das reiche aber nicht aus, damit der Vertrag wirksam werde, erklärte die Bank. "Ein Kreditvertrag mit Verbrauchern bedarf der Schriftform", zitierte die Zeitung die BW-Bank. Einen schriftlichen Vertrag habe die Bank an Wulff erst am 12. Dezember geschickt. Dieser habe den Vertrag am 21. Dezember unterschrieben - etwa eine Woche nach den ersten Medienberichten über seine Hausfinanzierung. Bei der Bank sei der Kreditvertrag am 27. Dezember eingegangen.

Rufe nach Aufklärung aus Hannover

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) dringt in der Kreditaffäre auf eine sehr sorgfältige Aufklärung aller Vorwürfe. Darauf lege McAllister höchsten Wert, sagte Regierungssprecher Franz Rainer Enste.

Auch die Grünen im niedersächsischen Landtag fordern mit einem Katalog von 100 Fragen an die Landesregierung eine umfassende Aufklärung. Es gehe dabei nicht nur um die Glaubwürdigkeit des früheren Ministerpräsidenten Wulff, sondern auch um die Souveränität von McAllister, sagte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. Die Linke will im Landtag einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen, um die Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft aufzuklären. Bisher zeichnet sich für die Forderung aber noch keine Mehrheit ab.

Der Rechtsausschuss des Landtags will sich am kommenden Mittwoch in nicht öffentlicher Sitzung mit der Causa Wulff und dessen Verhältnis zu befreundeten Unternehmern beschäftigen. Der Fragen-Katalog werde fristgerecht beantwortet, sagte der Regierungssprecher. Die Landesregierung hat dazu maximal vier Wochen Zeit.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts

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