Politik

Langsamer Abzug aus Georgien Merkel droht Russland

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russland nachdrücklich aufgefordert, seine Truppen wie zugesagt aus Georgien abzuziehen und andernfalls mit Konsequenzen gedroht. "Nach all unseren Informationen haben sie sich in der Tat nicht so zurückgezogen, wie es vereinbart war", sagte Merkel im ZDF. "Der Sechs-Punkte-Plan ist nach jetzigem Stand nicht erfüllt." Die Glaubwürdigkeit Russlands stehe auf dem Spiel. Die französische Ratspräsidentschaft berief einen EU-Sondergipfel zur Lage in Georgien und den EU-Beziehungen zu Russland ein.

Die Kanzlerin sagte, man müsse in Gesprächen weiter auf eine Einhaltung der Sechs-Punkte-Vereinbarung durch Russland dringen. "Es ist ein Verstoß, wenn es so bleibt", machte sie deutlich. Wenn Gespräche nicht weiterführten, gebe es aber auch andere Möglichkeiten. Sie sprach von "Beschlüssen", ohne diese näher zu erläutern. "Glaubwürdigkeit muss schon sein", forderte sie. Eine andere Möglichkeit sei, die Kontakte mit Russland einzuschränken. "Man wird nicht einfach zur Tagesordnung übergehen können." Sie hoffe allerdings immer noch, dass es auch ohne Verschärfungen gehe.

An einen Rückfall in die Zeit des Kalten Krieges glaubt Merkel aber nicht. "Nein, das glaube ich überhaupt nicht", sagte sie. "Wir haben heute eine völlig andere Situation." Die früheren Länder der Sowjetunion müssten ihre Freiräume haben, und Russland selbst müsse sich noch mehr dem Westen öffnen. Georgien müsse explizit die Perspektive einer Mitgliedschaft in der NATO haben. Über den konkreten Beitrittsstatus für das Land werde aber wohl noch nicht auf dem nächsten NATO-Gipfel entschieden. "Die NATO ist kein Bündnis des Kalten Krieges", versicherte Merkel. Grundsätzlich gelte: "Georgien und auch die Ukraine werden Mitglieder der NATO sein."

Russland widerspricht

"Angesichts der angespannten Lage kommen wir nicht ohne eine Verstärkung der Friedenssoldaten aus", erklärt Vize-Generalstabschef Anatoli Nogowizyn in Moskau zur Lage in der Region und den Forderungen aus Deutschland.

"Hirngespinste russischer Offiziere"

Georgiens Regionalminister Temuri Jakobaschwili nannte die Pufferzonen "Hirngespinste russischer Offiziere". Die in 8 beziehungsweise 18 Kontrollposten um die abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien stationierten Soldaten sollen nach den Worten des Generalstabs in Moskau Sabotageakte verhindern und die Bevölkerung schützen. Das russische Parlament will zudem über eine mögliche Anerkennung der Unabhängigkeit der Separatistengebiete debattieren.

Keine Ablösung durch OSZE-Soldaten

Vize-Generalstabschef Nogowizyn sagte, die von Frankreich mit ausgearbeitete Friedenslösung sehe "vorübergehende Maßnahmen" bis zu einer internationalen Regelung für das Konfliktgebiet vor. Sollten die USA Georgien wieder militärisch aufrüsten, werde man die Zahl der Friedenssoldaten im Konfliktgebiet noch weiter aufstocken, kündigte Nogowizyn an. Moskau beruft sich auf ein Waffenstillstandsabkommen von 1992. Darin wird das Gebiet im Radius von 15 Kilometern um die südossetische Hauptstadt Zchinwali sowie ein jeweils sieben Kilometer breiter Streifen an der Grenze des früheren autonomen Gebietes Südossetien als Sicherheitszone betrachtet.

Der Kreml dementierte eine Mitteilung Frankreichs, wonach sich die Präsidenten beider Länder telefonisch auf eine langfristige Ablösung russischer Friedenssoldaten durch die OSZE geeinigt hätten. Das sei kein Thema gewesen, hieß es in Moskau.



Explosion bei Gori


Nach dem Rückzug russischer Soldaten aus der georgischen Stadt Gori ist in der Region ein Güterzug mit Öl explodiert. Bei zwei Minendetonationen wurden nach georgischen Angaben eine Frau getötet und ein Mann schwer verletzt. Die Explosionen hätten sich in den Orten Skra und Tsmindazkali ereignet, wie georgische Behörden mitteilten. Auf der Zugstrecke in Skra, fünf Kilometer westlich von Gori sei der erste Zug nach dem Truppenabzug vermutlich auf eine russische Mine gefahren, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Schota Utjaschwili. Es gebe keine Toten.

Das Staatsfernsehen zeigte den brennenden Zug und Rauchwolken. Das georgische Innenministerium warnt seit Tagen vor einer möglichen Verminung des Gebiets. Der Zug sei auf dem Weg von Aserbaidschan in die georgische Schwarzmeerstadt Batumi gewesen, sagte Utjaschwili. Insgesamt gingen 13 der 34 Waggons in Flammen auf. Durch das Feuer wurden nach Angaben des Innenministeriums Stromleitungen stark beschädigt. Tausende Einwohner hätten zeitweise keinen Strom, hieß es.

Frau tritt auf Mine

In Tsmindazkali nahe der Stadt Gori explodierten laut staatlichem Fernsehsender Rustawi-2 zwei Minen in kurzen Abständen auf Privatgrundstücken. Eine 35 Jahre alte Frau wurde demnach in ihrem Garten durch eine Tretmine getötet. Bei der zweiten Detonation wurde ein Mann schwer verletzt. Der georgische Innenminister Wano Merabischwili sprach von einem "Geschenk der russischen Besatzer". Russland stellt das Eindringen in georgisches Kerngebiet als Friedensmission zum Schutz seiner Bevölkerung in den georgischen Separatistengebieten Abchasien und Südossetien dar.

Quelle: ntv.de

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