Politik

"Er tut zu wenig" Merkel greift Putin direkt an

Angela Merkel und Wladimir Putin bei einer Begegnung im April 2013.

Angela Merkel und Wladimir Putin bei einer Begegnung im April 2013.

(Foto: picture alliance / dpa)

Angela Merkel kritisiert im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise die Rolle von Wladimir Putin. Nach Ansicht der Kanzlerin muss Russlands Präsident mehr zur Entspannung der Situation beitragen. Sie hält weitere Sanktionen für möglich.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russlands Staatschef Wladimir Putin vorgeworfen, sich nicht genügend für eine Lösung der Ukraine-Krise einzusetzen. Putin "tut derzeit (...) zu wenig, um zur tatsächlichen Entspannung der gefährlichen Situation beizutragen", sagte die CDU-Politikerin der "Rheinischen Post". Zuvor hatten prorussische Separatisten in der Ostukraine den Appell Putins zurückgewiesen, die für Sonntag geplanten Referenden über eine Abspaltung zu verschieben.

Merkel betonte, es sei wichtig, "zum Gespräch bereit und fähig zu bleiben, auch in politisch schwierigen Situationen". Zum Thema Sanktionen sagte die Kanzlerin: "Notfalls sind wir auch zu weiteren Sanktionen bereit, auch wenn wir sie uns wahrlich nicht wünschen." Das Ziel seien diplomatische Fortschritte für eine Stabilisierung der Ukraine. Dabei spielten die Wahlen am 25. Mai eine wichtige Rolle. "Tatsächliche diplomatische Fortschritte können weitere Sanktionen vermeiden." Die Ukraine-Krise wird auch beim Treffen Merkels mit Frankreichs Staatschef François Hollande an der Ostsee wichtiges Thema sein.

Die prorussischen Separatisten hatten einen Aufruf Putins abgelehnt, die Abstimmung über den Status mehrerer Regionen in der Ostukraine zu verschieben. "Das Referendum wird am 11. Mai stattfinden", sagte der Rebellen-Anführer in Donezk, Denis Puschilin. Auch die Milizen in Lugansk beschlossen, am Sonntag eine Volksabstimmung abzuhalten. Ähnlich äußerte sich der selbsternannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow.

Kein bilaterales Treffen Obama-Putin

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verurteilte die Entscheidung der Separatisten. "Solche unautorisierten örtlichen Referenden haben keine demokratische Legitimität und können nur zu weiterer Eskalation führen", sagte Ashtons Sprecherin in Brüssel.

Putin hatte am Mittwoch an die Separatisten appelliert, die Referenden über eine Abspaltung von der Ukraine zu verschieben, um so einen nationalen Dialog zu ermöglichen. Die bewaffneten Rebellen in der Ostukraine kontrollieren mehr als ein Dutzend Städte. In Brüssel und in Berlin war Putins Vorstoß als ermutigendes Signal interpretiert worden.

Trotz der diplomatischen Verwerfungen zwischen dem Westen und Russland will Putin an der Gedenkfeier zum D-Day am 6. Juni in Frankreich teilnehmen. Putin habe die Einladung des französischen Präsidenten Hollande angenommen, verkündete der russische Botschafter in Paris, Alexander Orlow. Das Weiße Haus in Washington erklärte allerdings, dass keine bilaterale Begegnung zwischen US-Präsident Barack Obama und Putin vorgesehen sei.

"Wandel durch Annäherung"

Der ukrainische Präsidentschaftskandidat Petro Poroschenko rief dazu auf, die Menschen im Osten der Ukraine "mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen". Momentan würden "einige hundert Banditen" mit der Waffe in der Hand versuchen, dem Staat ihren Willen aufzuzwingen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dafür würden sie Waffen und Anweisungen aus Russland erhalten. In Bezug auf die Zukunft des Ostens sagte Poroschenko: "Falls das nötig ist, muss es ein Referendum geben, wenn die Ordnung wieder hergestellt worden ist."

Der sozialdemokratische Spitzenkandidat für die Europawahl, Martin Schulz, mahnte zu einem gelassenen Umgang mit Russland. "Russland war immer ein schwieriger Nachbar, aber wir müssen es so nehmen, wie es ist", sagte der Präsident des Europaparlaments dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Es müsse wie bei Willy Brandt versucht werden, "einen Wandel durch Annäherung zu finden".

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warf Merkel vor, im Ukraine-Konflikt die falschen Signale zu setzen. In der "Passauer Neuen Presse" kritisierte er das Treffen Merkels mit Poroschenko in Berlin. Dass dem Oligarchen im Kanzleramt "der rote Teppich" ausgerollt worden sei, sei ein Fehler gewesen. Gysi beklagte, dass es in der deutschen Öffentlichkeit ein Schwarz-Weiß-Denken gebe. "Putin wird zum Bösen erklärt, und die anderen sind nur die Guten", sagte er. Auch der Westen müsse sich nach seiner Verantwortung fragen lassen: "Er setzt auf sinnlose Sanktionspolitik und Nato-Truppen an den Grenzen Russlands. Sanktionen und Säbelrasseln helfen nicht weiter."

Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa

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