Sparpaket an den Ländern vorbei Merkel greift in die Trickkiste
21.06.2010, 20:11 UhrDie Bundesregierung will ihr Sparpaket weitgehend ohne den Bundesrat beschließen und bringt damit die Opposition gegen sich auf. Die SPD spricht von einem "Offenbarungseid für den Zustand der Regierung". Die Grünen warfen Union und SPD "Tricksen, Tarnen, Täuschen" vor.

Die Kanzlerin hat tief in die Trickkiste gegriffen und bringt die Länder gegen sich auf.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die schwarz-gelbe Koalition will das Sparpaket in zwei Gesetze aufteilen, um nach einem Machtwechsel in Nordrhein-Westfalen den Einfluss des Bundesrats so weit möglich zu begrenzen. Es werde einen Teil geben, der keine Zustimmung des Bundesrats benötige, und einen kleineren Teil, der zustimmungspflichtig sei, sagte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Otto Fricke der "Berliner Zeitung". Scharfe Kritik kam von der Opposition.
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann erklärte in Berlin: "Die Idee der Bundesregierung, das Sparpaket am Bundesrat vorbeizuschleusen, ist ein Offenbarungseid für den Zustand der Regierung." Schwarz-Gelb "traut sich nicht mehr zu, Mehrheiten für ihre Politik zu organisieren". Eine Regierung, die versuche, ohne Bundesrat klarzukommen, "kann in wesentlichen Bereichen Politik nicht mehr gestalten", kritisierte Oppermann. "Sie hat sich selbst schon aufgegeben."
Merkel sollte auf die Länder zugehen
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nannte die Aufspaltung des Sparpakets einen "typischen Trick". Ihre Partei werde im Bundesrat weiter "unsoziale Politik verhindern". Das Sparpaket erfülle "den Anspruch sozialer Ausgewogenheit in keinster Weise", sagte Nahles in Berlin. Thüringens SPD-Landeschef Christoph Matschie sagte dem MDR, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei gut beraten, auf die Länder und die Opposition zuzugehen. Zwar seien die meisten Vorhaben nicht zustimmungspflichtig, es könne aber in jedem Fall der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Dafür werde er sich einsetzen, sagte Matschie.
Grünen-Chefin Claudia Roth sagte in Berlin, die schwarz-gelbe Regierung nehme die massive Kritik an dem Sparpaket nicht ernst und ziehe keine Konsequenzen daraus. Stattdessen versuche sie, einzelne Teile des Pakets abzuspalten. So werde "unverfroren und gnadenlos weiter Klientelpolitik betrieben". Die Linke warf der Regierung vor, sie trete "die Rechte der Länder mit Füßen".
Wulff verteidigt das Sparpaket
Der Präsidentschaftskandidat von Union und FDP, Christian Wulff (CDU), verteidigte das Sparpaket. "Es muss sozial gerecht zugehen", sagte er bei n-tv. "Aber zuerst muss man darauf aufmerksam machen, dass es zutiefst unmoralisch ist, wenn man fortlaufend mehr Geld ausgibt als man zur Verfügung hat." Auch CSU-Chef Horst Seehofer verwies auf die Notwendigkeit, Ausgaben zu senken. Seine Partei "steht uneingeschränkt zum Sparpaket in allen Teilen", sagte Seehofer in München. Die soziale Balance sei "sehr gegeben".
Quelle: ntv.de, dpa