Kampf den Leerverkäufen Merkel hofiert Gewerkschaften
16.05.2010, 15:20 UhrKanzlerin Merkel hält eine Transaktionssteuer international nicht für durchsetzbar. Applaus bekommt sie auf dem DGB-Kongress für die Ankündigung einer Regulierung von Hedgefonds. Bei der EU-Finanzministerkonferenz werde man Großbritannien "leider überstimmen müssen".

Merkel und Sommer - "damit das Wettbüro wenigstens nicht kostenlos betrieben werden kann".
(Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine Transaktionssteuer zur stärkeren Regulierung der Finanzmärkte als international nicht durchsetzbar abgelehnt. Auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) plädierte Merkel stattdessen für die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgeschlagene Finanzmarktaktivitätssteuer. Damit würden auch Gewinne und Bonuszahlungen besteuert.
In einem anderen Punkt lag Merkel näher an den Forderungen des DGB. Sie sprach sich für eine stärkere Regulierung des Derivate-Handels und ein Verbot von "Leerverkäufen in einem bestimmten Umfang" aus.
Zuvor hatte DGB-Chef Michael Braun den fünftägigen Kongress eröffnet. Der 58-Jährige steht seit 2002 an der DGB-Spitze und kandidiert am Montag für eine dritte vierjährige Amtszeit. Angesichts der gesunkenen Mitgliederzahl soll der Bundeskongress auch eine mit Einsparungen verbundene Organisationsreform für den DGB beschließen. Den acht DGB-Einzelgewerkschaften gehören insgesamt 6,2 Millionen Mitglieder an.
"Legen Sie den Zockern das Handwerk"
In seiner Rede forderte Sommer Merkel auf, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, mit der Börsenumsätze besteuert würden. "Setzen Sie sich für eine wirkungsvolle Steuer gegen alle Transaktionen ein, damit sich kurzfristige Spekulationen nicht mehr lohnen und das Wettbüro wenigstens nicht kostenlos betrieben werden kann", sagte Sommer. "Legen Sie den Zockern endlich das Handwerk, selbst wenn Sie mit der FDP eine kleine Schutzmacht der Spekulanten in der Regierung haben." Es sei eine "wirkungsvolle Steuer auf alle Finanztransaktionen" nötig. Freiwillige Selbstverpflichtungen oder die von der Koalition geplante Bankenabgabe reichten nicht aus.
Deutschland müsse zudem international den politischen Druck erhöhen, damit Kanada und Großbritannien ein Vorgehen gegen Finanzspekulationen nicht länger blockieren könnten.
Beifall für Hedgefonds-Regulierung
Merkel sagte, bei der EU-Finanzministerkonferenz am kommenden Dienstag werde über die Regulierung der Hedgefonds entschieden. Man werde dabei Großbritannien "leider überstimmen müssen". Zusammen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy habe sie sich bei der EU-Kommission für eine rasche Regulierung für Derivate und Leerverkäufe eingesetzt. "Das eilt", sagte Merkel, die für ihre Äußerungen starken Beifall erhielt.
Mittlerweile fordert selbst EU-Kommissionpräsident Manuel Barroso eine Finanztransaktionssteuer. Die Die G-20 müssten sich bei ihrem kommenden Treffen im Juni in Toronto auf eine entsprechende Reform verständigen, um künftigen Krisen vorzubeugen, hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben Barrosos an die EU-Regierungen.
Merkel dafür, wenn andere mitmachen
Auf dem DGB-Kongress machte Merkel zugleich deutlich, dass sie eine Transaktionssteuer selbst nicht ablehnt: Wenn es den Gewerkschaften gelinge, die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten dazu zu bringen, einhellig für eine Transaktionssteuer zu sein, "dann werde ich mich dem nicht entgegenstellen".
Einen gesetzlichen Mindestlohn lehnte Merkel ab. Eine einheitliche Lohnuntergrenze sei nicht die richtige Antwort und würde die Tarifautonomie schwächen, sagte sie. "Die Tarifautonomie ist Ausdruck der sozialen Marktwirtschaft." Auf den aktuellen Streit in der Union über Haushaltssanierung und Sparen bei der Bildung ging die CDU-Chefin nicht direkt ein. Sie versicherte, Bildung und Forschung blieben ein Schwerpunkt der Bundesregierung. Es sei richtig, gemeinsam mit den Ländern die Zahl der Schulabbrecher zu reduzieren und mehr für die Integration von Migrantenkindern zu tun.
Quelle: ntv.de, hvo/rts/AFP/dpa