Politik

Neuausrichtung der Entwicklungspolitik Merkel ermahnt arme Länder

"Verantwortungsbewusster Unterstützer von Eigenanstrengungen": Merkel will helfen, aber nicht ohne Bedingungen zu stellen.

"Verantwortungsbewusster Unterstützer von Eigenanstrengungen": Merkel will helfen, aber nicht ohne Bedingungen zu stellen.

(Foto: Reuters)

In ihrer Rede vor dem UN-Armutsgipfel in New York kündigt Kanzlerin Merkel ein Umdenken in der Entwicklungspolitik an. Der Erfolg "liegt in erster Linie in der Verantwortung der Entwicklungsländer", sagt Merkel. Die Regierungen seien deshalb in der Pflicht, die Hilfe zu organisieren. Zugleich wirbt die Kanzlerin für einen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in ihrer Rede vor dem Millenniumsgipfel der UN in New York für eine stärkere Erfolgskontrolle bei der Entwicklungshilfe ausgesprochen. Die Kanzlerin will zudem die Nehmerländer stärker in die Pflicht nehmen. "Der Entwicklungsprozess liegt in erster Linie in der Verantwortung der Regierungen der Entwicklungsländer", sagte Merkel. "Sie haben es in der Hand, ob Hilfe effizient erfolgen kann." Deshalb sei "Unterstützung guter Regierungsführung genauso wichtig wie Hilfe selbst."

Merkel nannte vier Elemente, um Armut effektiv bekämpfen zu können: Frieden und Sicherheit, Minderung der Armut, Schutz der Umwelt sowie die Förderung von Menschenrechten, Demokratie und guter Regierungsführung. Die Millenniumserklärung und die Entwicklungsziele seien kein Wahlmenü, mahnte die Kanzlerin.

0,7 Prozent bleiben Versprechen

Deutschland sehe seine Rolle als "verantwortungsbewusster Unterstützer von Eigenanstrengungen", sagte sie. "Denn ohne eigenes, sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum wird für die Entwicklungsländer der Weg aus Armut und Hunger zu steil bleiben." Zugleich müssten die Maßnahmen aber stärker auf ihren Nutzen hin überprüft werden. "Zweifellos müssen wir die Wirksamkeit der Instrumente der Entwicklungspolitik weiter verbessern", sagte Merkel. "Es kommt also darauf an, begrenzte Hilfsgelder so nutzbringend wie möglich einzusetzen." Sie halte es für einen "viel versprechenden Ansatz", die Auszahlung von Hilfsgeldern an messbare Ergebnisse zu knüpfen: "Wir brauchen mehr Ergebnisorientierung."

Die UN überprüfen derzeit, in wie weit die Ziele der Armutsbekämpfung erreicht wurden.

Die UN überprüfen derzeit, in wie weit die Ziele der Armutsbekämpfung erreicht wurden.

(Foto: dpa)

Merkel wies in ihrer Rede auch auf Deutschlands Engagement als "drittgrößter Beitragszahler in den Vereinten Nationen" hin. Die Bundesrepublik sehe sich als "verlässlicher Partner" der UNO und werde sich weiterhin nach Kräften engagieren. Berlin strebe weiter an, 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungshilfe auszugeben. Derzeit sind es nach Angaben der Bundesregierung 0,4 Prozent. Allerdings könne Entwicklungshilfe weder zeitlich unbegrenzt sein, noch nationale Haushaltsposten ersetzen.

Werben für den deutschen Sitz

Merkel sprach vor dem UN-Armutsgipfel, der nach 10 von 15 Jahren eine Zwischenbilanz der sogenannten Millenniumsziele ziehen soll. Die UN-Staaten hatten im Jahr 2000 acht Entwicklungsziele für 2015 beschlossen, darunter die Halbierung von Armut und Hunger und eine drastische Senkung von Mütter- und Kindersterblichkeit. "Leider müssen wir aber heute sagen, dass wir nicht alle Ziele bis 2015 erreichen werden", sagte Merkel. Es gebe bemerkenswerte Fortschritte, doch Hunger und Unterernährung bewegten sich noch immer auf einem unerträglich hohen Niveau. Deshalb müssten die "Jahrtausendziele" über das Jahr 2015 hinaus gültig bleiben.

Die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul kritisierte die Politik der Bundesregierung allerdings scharf.  Früher seien Europa und vor allem Deutschland treibende Kräfte der Entwicklungshilfe gewesen. "Aber heute wird gehandelt, als ginge es um "Business as usual", sagte sie im Interview mit n-tv.de. "Die Bundesregierung hat bislang weder den notwendigen Ehrgeiz gezeigt noch die entscheidenden Zusagen gemacht, um Deutschlands Beitrag zum Erreichen der Ziele bis 2015 finanziell abzusichern und das Ansehen Deutschlands als internationalen Partner zu sichern."

Die deutsche Bewerbung um einen Sitz im UN-Sicherheitsrat erwähnte die Kanzlerin in ihrer Rede nicht ausdrücklich. Sie betonte aber, dass Deutschland als Mitglied des UN-Sicherheitsrates eine grundsätzliche Reform des höchsten UN-Gremiums vorantreiben würde. Am Vorabend hatte sie aber die UN-Mitgliedsländer auf einem Empfang in New York direkt um Unterstützung gebeten. "Deutschland möchte seiner Verantwortung gerecht werden in einer Welt, die zusammenwächst", sagte Merkel. "Deswegen sind wir bereit, zusätzlich Verantwortung zu übernehmen als Mitglied im Sicherheitsrat." Das Votum in der UN-Vollversammlung über die neuen Ratsmitglieder soll Mitte Oktober stattfinden. Deutschland bewirbt sich derzeit um einen nicht-ständigen Sitz für die Jahre 2011 und 2012.

Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts

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