Politik

Von Integration bis EU-Beitritt Merkel reist in die Türkei

Unter dem Eindruck neuerlicher Spannungen im deutsch-türkischen Verhältnis kommt Kanzlerin Merkel an diesem Montag in Ankara mit Ministerpräsident Erdogan zusammen. Dabei will Merkel auch über die Integration der türkischstämmigen Bürger in Deutschland reden.

flaggen.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bei ihrem bevorstehenden Besuch in Ankara und Istanbul auch über die Integration der türkischstämmigen Bürger in Deutschland reden. Dabei gehe es nicht darum, die eigene Heimat aufzugeben, sondern um die Teilhabe am gesellschaftlichen Erfolg, im Arbeits- und im Familienleben, sagte Merkel in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft im Internet. "Das bedeutet natürlich, dass die deutsche Sprache erlernt wird und die deutschen Gesetze eingehalten werden."

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte vor gut zwei Jahren bei einem Auftritt vor türkischen Landsleuten in Köln vor einer Aufgabe ihrer nationalen Identität in Deutschland gewarnt. Er bezeichnete Assimilation als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und löste damit heftige Reaktionen deutscher Politiker aus. In der vergangenen Woche forderte Erdogan die Gründung türkischer Gymnasien und die Zulassung einer doppelten Staatsangehörigkeit in Deutschland. Merkel lehnt das - wie andere deutsche Politiker - ab.

Die Kanzlerin trifft Erdogan an diesem Montag in Ankara. Auf dem Programm stehen Gespräche über die Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem NATO-Partner Türkei, die Lage in der Region mit Blick auf den Iran und Israel sowie der schwierige Versöhnungsprozess der Türkei mit Armenien. Auch die von der EU mitgeplante Erdgasleitung Nabucco wird eine Rolle spielen. Am Dienstag geht es dann weiter nach Istanbul.

Türkei gegen Iran-Sanktionen

Bei den Gesprächen mit Erdogan stehe auch der Streit mit dem Iran auf der Tagesordnung, sagte Merkel in ihrer Video-Botschaft. Wenn der Iran nicht endlich bei seinem Atomprogramm Transparenz zeige, werde man "auch über Sanktionen nachdenken". Der Iran steht im Verdacht, an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Die Islamische Republik weist dies jedoch zurück.

Erdogan sagte, für den Streit müsse eine diplomatische Lösung gefunden werden. Alles andere bedrohe den globalen Frieden. Der Iran habe zurzeit keine Atomwaffen. Dagegen hätten die Länder, die Druck ausübten, selbst Atombomben. Die Türkei wolle überhaupt keine Atomwaffen in der gesamten Region.

Wichtiger Markt für Deutschland

Die deutsche Wirtschaft pocht auf Annäherung und eine "emotionsfreie Diskussion" über die Beitrittsverhandlungen. "Unsere Wirtschaftsbeziehungen mit der Türkei entwickeln sich seit Jahren überdurchschnittlich gut", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, dem "Handelsblatt". Als Zielmarkt deutscher Exporte sei die Türkei mit 15 Milliarden Euro im Jahr 2008 wichtiger als Japan. Der BDI fordere, dass das von Deutschland zum Jahresende 2010 gekündigte Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei "nahtlos durch ein neues ersetzt wird", um die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen nicht zu beschädigen.

Auf Meinungsfreiheit dringen

Türkischstämmige Abgeordnete des Bundestages und verschiedener Landtage riefen Merkel in einem Offenen Brief auf, bei Erdogan auf größere Unabhängigkeit der Justiz, bessere Parteiendemokratie und mehr Presse- und Meinungsfreiheit zu dringen. Grundsätzlich sprachen sich die Abgeordneten für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei aus, weil beide Seiten davon profitierten. Für die Türkei bedeute dies weitere Modernisierung, höherer Wohlstand und politische Stabilität. Die EU würde kulturell, ökonomisch und sicherheitspolitisch hinzugewinnen.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen