Politik

Kein Wort zur Brennelementesteuer Merkel scheut den Atomkonflikt

Im Streit um geplante Milliardenabgaben der Atomindustrie bleibt ein Machtwort von Bundeskanzlerin Merkel weiter aus. Stattdessen sichert sich die CDU-Vorsitzende in alle Richtungen ab. Selbst die heftige Kritik von Top 40-Managern betrachtet Merkel als wertvollen Diskussionsbeitrag.

Da lang? Oder doch in die andere Richtung?

Da lang? Oder doch in die andere Richtung?

(Foto: picture alliance / dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel vermeidet weiter eine klare Aussage zur Brennelementesteuer. Solange es keinen anderen Vorschlag gebe, bleibe es bei der Steuer, sagte sie im Interview mit dem ZDF. Im Streit um die Verwendung der Mehreinnahmen schlägt sie sich auf die Seite von Finanzminister Schäuble. Das Geld gehe in den Haushalt, stellte Merkel klar. Gleichzeitig warb sie für eine Entschärfung des Konflikts um Laufzeitverlängerung und Milliardenabgaben der Atomindustrie. Merkel sagte "Bild am Sonntag" zur Anzeigenkampagne von Managern: "Es ist wichtig, dass sich neben den Kritikern der Kernenergie auch diejenigen zu Wort melden, die sie als Brückentechnologie noch eine Zeit lang für notwendig halten." Nach den Worten von Umweltminister Norbert Röttgen will die Regierung aber in der Kraftprobe mit der Energiewirtschaft über die geplante Brennelementesteuer hart bleiben.

Röttgen forderte, an der Belastung der Stromkonzerne in Höhe von 2,3 Milliarden Euro jährlich dürfe nicht mehr gerüttelt werden. "Der Konsolidierungsbeitrag wird auf jeden Fall erbracht und als Summe auch schon Anfang September beschlossen werden", stellte Röttgen im "Spiegel" klar. Unterdessen plädieren immer mehr Unions-geführte Länder von einer Abkehr von einer Steuer. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister unterstützt den Kurs von Fraktionschef Volker Kauder, der eine Vertragslösung favorisiert.

Die Berechnungen mit unterschiedlichen Laufzeit-Szenarien sollen Ende der Woche vorliegen. Das Energie-Gesamtkonzept will die Bundesregierung Ende September präsentieren. In der Bevölkerung regt sich Widerstand. In Dutzenden Städten demonstrierten am Wochenende nach Veranstalterangaben insgesamt Tausende Atomkraftgegner für ein schnelles Abschalten der Meiler im Land. Für den 18. September ist eine bundesweite Anti-Atom-Demonstration in Berlin geplant.

Merkel sieht keinen Widerspruch

Bundeskanzlerin Merkel wartet im Streit um die Brennelementesteuer offenbar auf einen konkreten Alternativvorschlag. "Wir haben eine Steuer vorgeschlagen", sagte die CDU-Vorsitzende in einem Interview mit dem ZDF. "Solange kein anderer Vorschlag auf dem Tisch ist, bleibt es bei der Steuer." Die Steuer sei "die einzige mir vorliegende Variante". Die Regierung sei mit den Energiekonzernen im Gespräch, ob es noch andere Vorschläge gebe: "Aber die sehe ich im Augenblick noch nicht", fügte Merkel hinzu. Entscheiden werde die Regierung Ende September.

Merkel stärkt Schäuble im Streit um die Mehreinnahmen den Rücken.

Merkel stärkt Schäuble im Streit um die Mehreinnahmen den Rücken.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Kanzlerin nannte es selbstverständlich, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble die 2,3 Milliarden Euro für den Haushalt bekomme, mit denen die zusätzlichen Gewinne der Energiekonzerne aus einer Verlängerung der Atomlaufzeiten teilweise abgeschöpft werden sollen. "Das geht in den Haushalt", bekräftigte Merkel. Daneben werde man schauen, auch etwas für die erneuerbaren Energien zu tun. "Aber da gibt es bisher keine Summen", erklärte die Kanzlerin.

Zu dem Appell der 40 Top-Manager, der am Wochenende per Anzeige in Tageszeitungen veröffentlicht worden war, sieht sich Merkel nicht in Widerspruch. Unter Führung der Energiebranche hatten die Unterzeichner darin den geplanten Ausstieg aus der Atomenergie scharf kritisiert.

"Wir wollen, dass die Energie in Deutschland immer sauberer und umweltverträglicher wird, dass sie sicher ist und dass sie für Bürger und Wirtschaft auch bezahlbar bleibt - gerade in dem Punkt also sehe ich keinen Widerspruch zu den Absichten des Appells.", meinte Merkel in der "Bild am Sonntag".

Union schwenkt auf Vertragslösung ein

In den Reihen der Unions-geführten Bundesländer mehren sich die Stimmen für eine von den Atomkonzernen vorgeschlagene Vertragslösung. So bevorzugt Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister eher einen Fonds. "Ich kann mit beidem leben", sagte McAllister. "Wir haben keine grundsätzlichen juristischen Einwände gegen die Brennelementsteuer. Aber in der Landesregierung gibt es Sympathien für eine Fondslösung." Damit lasse sich zielgerichteter der Ausbau der erneuerbaren Energien fördern. Die Atomkonzerne bieten der Bundesregierung eine Vertragslösung an und wollen die Hälfte der erwarteten Zusatzgewinne in einen Fonds einzahlen.

Umweltminister Röttgen hält dagegen an der Brennelementesteuer fest. Angesichts von Milliardengewinnen müssten die Konzerne "sehr genau erklären, warum sie eine Steuer nicht schultern können", meinte Röttgen. Ein Großteil der zusätzlichen Gewinne, die aus Laufzeitverlängerungen erzielt werden, sollten in die erneuerbaren Energien fließen. Zu Forderungen aus Union, FDP und Wirtschaft, statt einer Brennelementesteuer einen Vertrag mit den Kernkraftbetreibern abzuschließen, erklärte der in den eigenen Reihen nicht unumstrittene Umweltressortchef: "Die Politik muss mächtige Unternehmen gerade auch im Steuerrecht so wie die normalen Bürger behandeln." Deshalb dürfe der Staat "grundsätzlich nicht mit einzelnen Unternehmen einen Deal machen".

Unterstützung erhielt Röttgen vom Chef der Monopolkommission, Justus Haucap. Er sehe die Gefahr, dass bei einem Vertrag mit den Stromkonzernen der Eindruck entstehe, der Staat lasse sich die Brennelementesteuer abkaufen.

Quelle: ntv.de, dpa

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