Politik

Kanzlerin pflichtet Guttenberg bei Merkel streift das K-Wort

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Kundus im April des Jahres .

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Kundus im April des Jahres .

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg spricht jetzt auch Kanzlerin Angela Merkel von kriegsähnlichen Zuständen in Teilen Afghanistans. Sie sei wie Guttenberg der Ansicht, "dass aus der Sicht unserer Soldaten kriegsähnliche Zustände in Teilen Afghanistans herrschen, auch wenn der Begriff 'Krieg' aus dem klassischen Völkerrecht auf die jetzige Situation nicht zutrifft", sagte Merkel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Auf der für Januar geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz müsse eine zeitliche Perspektive festgelegt werden, bis wann die Regierung in Kabul für die Sicherheit im Land sorgen könne, sagte Merkel laut Vorabbericht. Davon hingen die künftige Strategie der internationalen Gemeinschaft und die Zukunft des Bundeswehr-Einsatzes ab.

"Wir wollen auf der Konferenz die Voraussetzungen für eine Übergabestrategie in Verantwortung schaffen", sagte die CDU-Chefin. "Bis dahin werden wir unser Mandat auf dem Niveau halten, was wir jetzt haben." Danach können bis zu 4500 Bundeswehr-Soldaten nach Afghanistan entsandt werden. Das Mandat läuft am 13. Dezember aus. Bis dahin muss der Bundestag über eine Verlängerung entschieden haben.

Guttenberg stockt Einsatztruppe auf

Guttenberg trifft im Bundeswehr-Feldlager in Kundus ein.

Guttenberg trifft im Bundeswehr-Feldlager in Kundus ein.

(Foto: dpa)

Deutschland wird Mitte Januar eine zusätzliche Einsatzkompanie mit 120 Soldaten ins nordafghanische Kundus entsenden. Das kündigte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zum Abschluss seines Überraschungsbesuchs in der Unruheregion an. Die Truppen sollen die dort bereits stationierten 450 Eingreifkräfte verstärken - also jene Soldaten, die sich im Ernstfall Gefechte mit den Taliban liefern.

Guttenberg machte sich ein Bild von der Lage in der Region, wo am 4. September auf Befehl eines deutschen Obersts zwei von den Taliban gekaperte Tanklastwagen bombardiert worden waren. Dabei kamen nach Angaben der NATO bis zu 142 Menschen ums Leben - Aufständische, aber auch Zivilisten. Im Wiederaufbauteam in Kundus sind derzeit rund 1100 Soldaten stationiert, davon 1000 Deutsche und 100 Belgier.

"Man hat das Gefühl: Das ist einer, der hat sich auf das Amt gefreut, der macht das mit Herzblut", fasst ein 29-jähriger Soldat seinen ersten Eindruck zusammen.

"Man hat das Gefühl: Das ist einer, der hat sich auf das Amt gefreut, der macht das mit Herzblut", fasst ein 29-jähriger Soldat seinen ersten Eindruck zusammen.

(Foto: dpa)

Am Donnerstagabend hatte zu Guttenberg in einer Rede vor Soldaten im Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif gesagt: "Afghanistan wird uns sicher noch eine Weile fordern." Der Einsatz müsse in "absehbarer Zeit auch einmal verzichtbar sein". Dafür müsse Afghanistan aber selbst für seine Sicherheit sorgen können. Die Bundesregierung werde dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai deutlich machen, "dass uns Lippenbekenntnisse nicht genügen".

Mehrere Verletze bei Anschlag in Kabul

Einen Tag nach Guttenbergs Besuch in Kabul verübten die Taliban in der afghanischen Hauptstadt einen Selbstmordanschlag. Die Internationale Schutztruppe ISAF teilte mit, neun ISAF-Soldaten, zehn zivile Mitarbeiter der Schutztruppe und mehrere afghanische Zivilisten seien verletzt worden. Guttenberg hatte am Donnerstag in Kabul erneut von "kriegsähnlichen Zuständen" in dem Land gesprochen und betont, die Bundesregierung wolle ihr weiteres Engagement mit deutlichen Fortschritten der afghanischen Regierung verknüpfen.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, nannte den Afghanistan-Besuch Guttenbergs "ein sehr gutes Signal". Die Korruption in dem Land könne nur bekämpft werden, wenn man die afghanische Regierung - wie Guttenberg es getan hat - dazu mit Nachdruck ermahne, sagte Kirsch der "Nordwest-Zeitung". Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) lobte, dass Guttenberg im Unterschied zu seinen Vorgängern von "kriegsähnlichen Zuständen" in Afghanistan spricht. "Endlich hat einer mal gesagt, was wahr ist", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

Brown fordert mehr Soldaten ein

Der britische Premierminister Gordon Brown will von den NATO- Partnern die Zusage für 5000 weitere Soldaten für Afghanistan. Er habe die Aufgabe übernommen, die NATO-Partner zu fragen, ob sie das Vorhaben in Afghanistan unterstützten, sagte Brown im BBC Radio. Er gehe davon aus, 5000 weitere Soldaten "aus der NATO und außerhalb der NATO-Gruppe" zusammenzubekommen. Großbritannien hatte sich bereiterklärt, 500 zusätzliche Soldaten an den Hindukusch zu schicken, falls andere Länder einen "fairen Anteil" schulterten.

Auch in Japan lässt das Thema Afghanistan Obama nicht los.

Auch in Japan lässt das Thema Afghanistan Obama nicht los.

(Foto: AP)

Das Königreich ist nach den USA mit 9000 Soldaten der größte Truppensteller in Afghanistan. US-Präsident Barack Obama bekräftigte unterdessen, dass das Afghanistan- Engagement der USA "nicht endlos" sein werde. Eine Entscheidung über eine Truppenaufstockung und die weitere strategische Ausrichtung werde "bald" fallen, sagte er in Tokio zum Auftakt seiner Fernostreise. Das Ziel der Alliierten bleibe, den Afghanen die Verantwortung für ihre Sicherheit zu übertragen.

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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