Uneinigkeit über Kosovo-Frage Merkel streitet mit Tadic
23.08.2011, 15:51 Uhr
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt dem Präsidenten Boris Tadic, was sie sich von Serbien wünscht.
(Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Merkel knüpft bei ihrem Besuch in Belgrad einen möglichen EU-Beitritt Serbiens an Bedingungen. Sie fordert den Präsidenten Boris Tadic deutlich auf, serbische Parallelstrukturen im Kosovo abzubauen. Der zeigt sich in der Kosovo-Frage jedoch unnachgiebig.
Deutschland und Serbien streiten offen über eine Lösung . Kanzlerin Angela Merkel forderte den serbischen Präsidenten Boris bei einem Treffen in Belgrad ungewöhnlich deutlich auf, sich in einem direkten Dialog mit der albanisch-dominierten Regierung in Pristina für eine Lösung des Konflikts einzusetzen. Tadic verbat sich diese Aufforderung und sagte, sein Land sei selbst an einer Lösung des vor vier Wochen blutig eskalierten Konflikts interessiert. Serbien werde aber die Unabhängigkeit des Kosovos nicht akzeptieren.
"Wir wünschen uns, dass Direktgespräche zwischen Serbien und dem Kosovo so geführt werden, dass auch Resultate herauskommen", sagte Merkel. So könne die Gefahr einseitiger Schritte beider Seiten verringert werden. Zudem müsse die EU-Rechtsstaatsmission EULEX die Möglichkeit erhalten, vernünftig im Kosovo zu arbeiten. Auch sei ein Abbau von kosovarisch-serbischen Parallelstrukturen in dem von einer serbischen Mehrheit bewohnten umstrittenen Nord-Kosovo notwendig. Es könnten "nicht alle Fragen mit einem Zug gelöst werden". Deswegen sei ein schrittweises, pragmatisches Vorgehen sinnvoll.
"Wir glauben, dass Serbien nach Europa gehört"
Merkel sprach sich für eine glaubhafte EU-Beitrittsperspektive für Serbien aus. "Wir glauben, dass Serbien nach Europa gehört", sagte sie. Europa werde einen umfassenden Frieden nur bekommen, wenn es Frieden auf dem Balkan gebe. Die Kanzlerin lobte ausdrücklich die Zusammenarbeit des Landes mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal. Zum einen müssten nun aber die Reformen Serbiens bei der Rechtsstaatlichkeit und der Korruptionsbekämpfung weitergeführt werden. Hauptproblem sei aber die Kosovo-Frage. Hier müssten etwa auch die Streitigkeiten um Zoll- und Handelsfragen gelöst werden.
Die Kanzlerin bezeichnete die Lösung der Kosovo-Frage als "eines der eher schwierigeren Probleme", mit denen es die EU und Deutschland zu tun habe. Die EU, aber auch Serbien bräuchten einen Erfolg. Aus diesem Grund seien weitere Verhandlungen nötig.
Serbien wird Kosovo nicht anerkennen
Tadic sagte, sein Land suche nach einer Kompromisslösung mit dem Kosovo, werde die frühere serbische Provinz aber nicht als eigenständig anerkennen. Mit Blick auf Merkel sagte er: "Niemand braucht von Serbien zu fordern, wieder einen Dialog mit Pristina zu führen." Belgrad suche im eigenen Interesse nach einer Lösung.
Zugleich machte Tadic unmissverständlich klar, dass er von dem im Herbst erwarteten Zwischenbericht der EU-Kommission mehr erwarte als nur die Einstufung als Beitrittskandidat. "Der Kandidatenstatus reicht nicht aus." Sein Land wolle vielmehr ein klares Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen. Bis September werde Serbien alle entsprechenden Anforderungen erfüllen. Tadic warnte davor, die Frage des Grenzstreits mit dem Kosovo mit der Frage des EU-Beitritts zu verknüpfen.
Quelle: ntv.de, dpa