Schwarz-Gelb beginnt mit der Arbeit Merkel vor Wiederwahl
28.10.2009, 07:33 UhrNach vier Jahren Großer Koalition steht Angela Merkel vor ihrer Wiederwahl als Bundeskanzlerin - allerdings wechselt sie während der Regierungsjahre den Partner. 15 Minister aus Union und FDP werden vereidigt.

(Foto: AP)
Einen Monat nach der Bundestagswahl nimmt die neue schwarz-gelbe Regierung heute ihre Arbeit auf. Im Bundestag stellt sich Kanzlerin Angela Merkel der Wiederwahl. Erwartet wird, dass die CDU-Vorsitzende alle Stimmen ihrer neuen Koalition bekommt. CDU/CSU und FDP verfügen über eine klare Mehrheit, sie stellen zusammen 332 der insgesamt 622 Abgeordneten.
Anschließend werden die 15 Minister ernannt und vereidigt. Bereits am Nachmittag ist dann die erste Kabinettssitzung. Noch am Abend fliegt Merkel zu einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy nach Paris. Thema ist laut Sarkozy der am Donnerstag beginnende EU-Gipfel in Brüssel.
Keine Regierungserklärung vor EU-Gipfel
Auf die vor EU-Ratssitzungen übliche Regierungserklärung verzichtet die Kanzlerin nach Angaben aus Regierungskreisen. Diese Entscheidung war am Dienstag vom bisherigen Vizekanzler und neuen SPD-Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier kritisiert worden. Die erste Regierungserklärung vor dem neuen Parlament ist nach inoffiziellen Angaben am 10. November vorgesehen.
FDP nach elf Jahren wieder Regierungspartei
Die heute 55-jährige Merkel ist seit 2005 die erste deutsche Bundeskanzlerin. In ihrer ersten Amtszeit regierte sie zusammen mit der SPD. Für den neuen Koalitionspartner FDP geht nach elf Jahren die Zeit der Opposition vorbei. Parteichef Guido Westerwelle, 47 Jahre alt, wird Außenminister und Vizekanzler. Die FDP stellt im Kabinett insgesamt fünf Minister. Die CDU bekommt neben dem Kanzleramt sechs Ministerien, die CSU drei.
Alte Regierung entlassen
Die Regierung der Großen Koalition war am Dienstag offiziell aus dem Amt entlassen worden. Bundespräsident Horst Köhler überreichte Bundeskanzlerin Merkel, dem bisherigen Vizekanzler und Außenminister Steinmeier sowie den übrigen Kabinettsmitgliedern in Berlin die Entlassungsurkunden. Köhler würdigte die Verdienste der Großen Koalition insbesondere mit Blick auf die Finanz- und Wirtschaftskrise. Viele der 2002 im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben seien von CDU, CSU und SPD auch verwirklicht worden.
Die Ministerinnen und Minister von CDU und CSU gehören alle auch der neuen schwarz-gelben Bundesregierung an, wenn auch teilweise in anderen Ressorts. Von den acht SPD-Ministerinnen und Minister übernehmen einige Führungsaufgaben in Fraktion und Partei.
Zuvor hatte sich der 17. Deutsche Bundestag konstituiert. Eröffnet wurde die Sitzung von Alterspräsident Heinz Riesenhuber (CDU). Mit großer Mehrheit wählten die Abgeordneten Norbert Lammert zum Bundestagspräsidenten. Der CDU-Politiker übt das Amt schon seit 2005 aus.
Keine Wunschliste, sondern ein Vertrag
Unterdessen wurden von FDP und CSU Zweifel an den im Koalitionsvertrag vereinbarten Steuerentlastungen zurückgewiesen. "Das ist keine Wunschliste", sagte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger der "Bild"-Zeitung. Es sei ein Vertrag, "der solide erarbeitet wurde. "Wir werden das genauso umsetzten." Auch der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) versicherte: "2011 wird es zu Steuersenkungen kommen." Allerdings könne jetzt noch kein Volumen genannt werden, sagte er der "Rheinischen Post". Der baden-württembergische Finanzminister Willi Stächele (CDU) äußerte dagegen erneut Vorbehalte. "Die Länder haben ihre eigene Finanzverantwortung, der sie gerecht werden müssen", betonte Stächele in der "Passauer Neuen Presse".
Länder drohen mit Blockade
Die schwarz-gelbe Koalition, die Steuern senken und die Sozialkassen mit neuen Schulden entlasten will, hält sich in ihrem Koalitionsvertrag zur Haushaltssanierung bedeckt. Konkrete Sparziele werden nicht genannt. Es wird davon ausgegangen, dass allein der Bund 2010 Rekordschulden von 90 Milliarden Euro machen könnte. Immer mehr unionsgeführte Länder befürchten massive Einnahmeverluste in ihren Haushalten und drohen mit Blockade. Kommunal-Verbände warnen ebenfalls vor neuen Finanzlöchern. Kritik kam auch von der Europäischen Union. Zweifel an der Umsetzung der Steuerentlastungen hatte zudem der designierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geweckt, als er Steuerentlastungen zum 1. Januar 2011 nicht definitiv zusagte.
Quelle: ntv.de, dpa/rts