Politik

Gorleben war keine Billiglösung Merkel weist Vorwürfe zurück

Merkel steht dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort - weist aber alle Vorwürfe zurück.

Merkel steht dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort - weist aber alle Vorwürfe zurück.

(Foto: dapd)

Setzte die Bundesregierung auf der Suche nach einem Atom-Endlager mit Gorleben auf eine Billiglösung? Der Untersuchungsausschuss des Bundestags lädt Kanzlerin Merkel vor, um diese Frage zu beantworten. Doch die ehemalige Umweltministerin weist die Vorwürfe zurück. Es gebe keinen Befund, der eine Nichteignung Gorlebens belegt, sagt sie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die von Umweltaktivisten erbittert bekämpfte Erkundung des Salzstocks Gorleben als Atommüll-Endlager gerechtfertigt. Im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestags wies sie alle Vorwürfe zurück, früher als Umweltministerin engstirnig auf eine Billiglösung in Gorleben gesetzt zu haben statt parallel auch andere Standorte zu untersuchen. Alle Unterstellungen, die schwarz-gelbe Regierung von Helmut Kohl sei in den 1990er Jahren nicht nach Recht und Gesetz vorgegangen, träfen nicht zu, sagte Merkel, die von 1994 bis 1998 Ressortchefin war.

"Meine Aufgabe war es, diese Erkundungsarbeiten weiterführen zu lassen", sagt Merkel - hier als Umweltministerin im Jahr 1995.

"Meine Aufgabe war es, diese Erkundungsarbeiten weiterführen zu lassen", sagt Merkel - hier als Umweltministerin im Jahr 1995.

(Foto: dpa)

Besonderes Augenmerk legte die Opposition auf Merkels Beurteilung einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Jahr 1995. Die Studie stufte auch andere Standorte als potenziell untersuchungswürdig ein. Merkel sagte damals dennoch, die Analyse habe ergeben, dass Gorleben erste Wahl bleibe. Gorleben war aber gar nicht mit den anderen 40 Standorten verglichen worden. SPD, Grüne und Linke sehen in diesem Vorgehen einen Beweis dafür, dass Merkel rücksichtslos an Gorleben festgehalten und die Prüfung von Alternativen unterdrückt habe.

Die Kanzlerin sagte dazu, ihre damalige Aussage sei die Schlussfolgerung des Gesamtbildes gewesen. Die Analyse sei lediglich eine Literaturstudie auf Basis geowissenschaftlicher Erkenntnisse gewesen und habe mit Gorleben gar nichts zu tun gehabt. Die Studie sei ein "Akt der Vorsorge" gewesen, sollte Gorleben sich als nicht geeignet herausstellen. "Dafür gab es aber keine Indikation", betonte Merkel. Devise sei nicht gewesen, um jeden Preis auf Gorleben zu setzen. "Nichtsdestotrotz konnten wir daran festhalten."

Merkel: War damals "noch nicht so perfekt"

Die SPD-Obfrau in dem Ausschuss, Ute Vogt, bezichtigte Merkel der Lüge und warf ihr vor, die Chance verspielt zu haben, sich für ihr damaliges Verhalten zu entschuldigen. Sie habe damals Gorleben als alleinig geeigneten Standort in Deutschland angesehen und Alternativen nicht ernsthaft geprüft.

So sahen es auch die Abgeordneten von Linken und Grünen, Dorothée Menzner und Sylvia Kotting-Uhl. Menzner meinte, Merkel habe während ihrer Vernehmung "faktisch gelogen", weil sie nicht eingeräumt habe, dass sie Mitte der 90er Jahre andere Standorte nicht habe in Erwägung ziehen wollen.

Merkel räumte ein, dass sie damals sprachlich vielleicht " " gewesen sei. Die Kanzlerin bekräftigte aber, dass alle Bemühungen um einen Energiekonsens 1995 gescheitert seien. "So fand auch die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben vor diesem Hintergrund statt." Es habe keine belastbaren Gründe dafür gegeben, Gorleben wegen Sicherheitsbedenken aufzugeben. Merkel berief sich auch auf die Koalitionsvereinbarungen von 1990 und 1994 zur Atompolitik. Sie betonte: "Bis zum Ende der 13. Legislaturperiode (1994 bis 1998) gab es keinen belastbaren Beleg, der auf eine Nicht-Eignung Gorlebens hingewiesen hätte."

Auch eine Änderung des Erkundungskonzepts, nach der nur noch der nordöstliche Teil des Salzstocks erforscht werden sollte, verteidigte sie. Mehrere Grundstücksbesitzer hatten nicht verkaufen wollen. Dem Bund fehlten deshalb die Salzrechte, um auch den südwestlichen Teil erkunden zu dürfen.

Merkel erklärte, im Laufe der Jahre hätte sich die einzulagernde Menge deutlich reduziert, da weniger Kernkraftwerke als erwartet gebaut wurden. Zudem sei mit Schacht Konrad ein separates Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle geplant worden, die ursprünglich ebenfalls in Gorleben gelagert werden sollten. Zudem sei vorgesehen gewesen, auch den südwestlichen Teil einzubeziehen, sollten im Nordosten nicht ausreichend geeignete Kapazitäten zur Verfügung stehen, um die hoch radioaktiven Abfälle zu lagern. Dafür wurde im Atomgesetz ein Enteignungs-Passus eingefügt. "Wir waren der Meinung, dass eine rasche Erkundung notwendig ist, um Klarheit zu haben: Gorleben - Ja oder Nein."

Erkundung war immer ergebnisoffen

Merkel betonte, die Entscheidung für eine Konzentration auf Gorleben sei schon Jahre vor ihrer Amtszeit getroffen worden. Nur wenn sich der Standort als ungeeignet erwiesen hätte, seien auch Alternativen zu prüfen gewesen. "Meine Aufgabe war es, diese Erkundungsarbeiten weiterführen zu lassen." Die Kanzlerin versicherte, die Erkundung sei immer ergebnisoffen gewesen. Bis 1998 habe es kein Urteil über die Eignung gegeben - "wie man bis heute zu keiner Beurteilung des Salzstocks Gorleben gekommen ist".

Es ist der zweite Auftritt Merkels in einem Untersuchungsausschuss des Bundestags. Am 10. Februar 2011 wies sie im Kundus-Ausschuss Vorwürfe zurück, sie habe Informationen über zivile Opfer bei dem Luftschlag in Afghanistan aus wahltaktischen Gründen zurückgehalten.

Der seit 2010 tagende Ausschuss soll klären, ob auf die Endlagersuche politisch Einfluss genommen wurde. Nun soll es eine neue bundesweite Suche geben. Allerdings gibt es noch immer keine Einigung zwischen Bund und Ländern. In Gorleben wurden bisher 1,6 Milliarden Euro investiert.

Quelle: ntv.de, dpa

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