Politik

Die ganz neue Mitte Merkel will Abgrenzung

Die CDU will sich auf ihrem Parteitag angesichts immer neuer Spannungen in der großen Koalition klar von der SPD absetzen und geschlossen als einzige Kraft der Mitte auftreten. Zum Auftakt des Treffens in Hannover sagte Parteichefin Angela Merkel erstmals offen, dass es ihr auf dem Parteitag auch darum gehe, die "Abgrenzung zur SPD deutlich zu machen".

Im Gegensatz zum Dresdner Bundesparteitag 2006, wo es zu heftigen Kurs-Streitereien zwischen den CDU-Flügeln gekommen war, plädierten diesmal alle Mitglieder der Parteispitze einträchtig für einen harten Abgrenzungskurs zur SPD. Der Bundesparteitag trägt das Motto "Die Mitte". Dies ist auch als Seitenhieb auf die SPD zu verstehen, die 1998 unter dem Slogan "Die neue Mitte" in den Bundestagswahlkampf gezogen war.

CDU-Präsidium und -Vorstand beschlossen einen von Merkel vorgelegten Antrag, in dem der SPD vorgeworfen wird, den Aufschwung in Frage zu stellen. Dieser Leitantrag hebt CDU-Positionen wie zum Beispiel das Ziel einer großen Steuerreform klar hervor. Unklar ist noch, ob es in den Schlussberatungen zum neuen Grundsatzprogramm neben den erwarteten Debatten über Familien- und Bildungspolitik noch zu einem Streit über Mindestlöhne kommt. Im Hinblick auf das Betreuungsgeld meinte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, für ihn stehe es auf der Prioritätenliste nicht oben.

"Gedruckte Kaufhausmusik"

Vor dem CDU-Parteitag hatten die Sozialdemokraten ihre Tonlage wieder verschärft, nachdem sich Union und SPD in der vergangenen Woche noch überraschend bei Dauerstreitthemen wie Post-Mindestlohn und Zwangsfrühverrentung einig geworden waren. Neben SPD-Chef Kurt Beck und Generalsekretär Hubertus Heil fand auch der neue Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier überraschend harsche Worte für das noch gar nicht beschlossene CDU-Grundsatzprogramm. Es lese sich "wie gedruckte Kaufhausmusik - es klingt ganz gut, aber ihm fehlt jede Tiefe", sagte Steinmeier.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla konterte postwendend mit Blick auf das erst jüngst erneuerte SPD-Bekenntnis zum demokratischen Sozialismus: Die rote Linie der Union sei da, "wo es in Deutschland um die Umsetzung von Sozialismus geht". Er betonte: "Sozialismus darf es in Deutschland nie wieder geben."

"Ich traue den Brüdern nicht"

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff warnte vor rot-roten Bündnissen. Es sei daher zu befürchten, dass die SPD trotz gegenteiliger Beteuerungen bereit sei, auf Bundesebene eine Koalition mit der Linkspartei einzugehen. "Ich traue den Brüdern nicht", so Wulff. Die SPD müsse sich klar von der Linkspartei abgrenzen und sich von extremistischen Kräften distanzieren.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte: "Dass man in Berlin in der Regierung sein kann und in Mainz Opposition spielen will, das funktioniert nicht."

Menschenrechte und Außenpolitik

In ihrer Grundsatzrede an diesem Montag wird Merkel offenbar auch die Differenzen zu den Sozialdemokraten in der Außenpolitik offen ansprechen. Das Thema Menschenrechte und wirtschaftliche Interessen stehe jetzt im Raum, sagte Merkel im Deutschlandfunk. "Ich plädiere dafür, dass das nicht gegeneinander ausgespielt wird, sondern, dass das zusammengehen muss, weil wir unsere Werte nicht teilen können." Merkel will zudem dafür plädieren, den Kurs der schwarz-roten Bundesregierung trotz des "Linksschwenkens" der SPD fortzusetzen, hieß es aus der CDU.

Viele Änderungsanträge, dennoch kein Streit

Die Kanzlerin rechnet mit Diskussionen über das Grundsatzprogramm, zu dem 2.409 Änderungsanträge vorliegen, aber nicht mit größeren Kontroversen. Trotz der Bemühungen der Parteispitze um eine Einbeziehung aller Parteiflügel könnte es vor allem in der Familien- und Bildungspolitik zu heftigen Debatten kommen.

So ist in der Partei der Kurs des Ausbaus der Kindergarten- und Krippenplätze nicht unumstritten. Zur Beruhigung der konservativen Strömungen soll auch die Einführung des Betreuungsgeldes im Grundsatzprogramm verankert werden. In der Bildungspolitik könnte über eine Zentralisierung der Schulpolitik gestritten werden. Der CDU-Landesverband Sachsen fordert die Einführung eines Zentralabiturs.

Offen ist, ob der Parteitag gegen die Linie der Parteiführung ein deutlicheres Nein zur Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union durchsetzt. Im Antrag des Vorstands wird für die privilegierte Partnerschaft mit Ankara geworben, was als indirektes Nein zu verstehen ist.

Quelle: ntv.de

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