Stuttgart 21 soll durchgezogen werden Merkel will den Bahnhof sehen
19.02.2013, 11:59 Uhr
In Stuttgart wird weiter gebaut. Wer am Ende wie viel zahlt, ist noch völlig offen.
(Foto: dpa)
Trotz ungeklärter Finanzierung hält Kanzlerin Merkel an Stuttgart 21 fest. Die Bahn soll Baden-Württemberg und Stuttgart davon überzeugen, sich an den Mehrkosten zu beteiligen. Allerdings wollen im Aufsichtsrat nicht einmal die Vertreter der Bundesregierung für einen Weiterbau stimmen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel soll sich intern dafür ausgesprochen haben, den umstrittenen Untergrundbahnhof Stuttgart 21 trotz der Kostenexplosion weiterzubauen. Wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, habe die Kanzlerin in einer Koalitionsrunde aber von der Bahn verlangt, zu untersuchen, wo es Einsparpotenziale gebe.
Demnach soll die Bahn alles daran setzen, Stuttgart 21 billiger zu bauen sowie Land und Stadt an den Mehrkosten von bis zu 2,3 Milliarden Euro zu beteiligen. "Das Kanzleramt will, dass dieses Projekt umgesetzt wird", zitiert die Zeitung eine nicht näher bezeichnete Quelle. Eine Ausstiegsdebatte vor der Bundestagswahl solle "um jeden Preis" vermieden werden, so das Blatt.
Aufsichtsrat wird Weiterbau nicht beschließen
Trotzdem soll es in der nächsten Bahn-Aufsichtsratssitzung keinen Grundsatzbeschluss zum Weiterbau geben. Der Grund: Die Finanzierung ist weiter ungeklärt. Auch in Kreisen der Bundesregierung werde eingeräumt, dass besonders für die verantwortlichen Aufsichtsräte die Entscheidungen zur Weiterführung des Projekts mit haftungsrechtlichen Risiken verbunden seien, so die "Stuttgarter Zeitung". Drei Staatssekretäre vertreten den Bund im Aufsichtsrat der Bahn.
Derzeit laufen Gespräche darüber, wer die Mehrkosten für Stuttgart 21 trägt. An diesem Dienstag traf Bahnvorstand Volker Kefer den grünen Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Danach machte Kuhn deutlich, dass die Stadt keine weiteren Kosten übernehmen wolle. Am Montag hatte Kefer bereits den ebenfalls grünen Landesverkehrsminister Winfried Hermann getroffen - und sich auch bei ihm einen Korb geholt.
"Wir drehen uns im Kreis"
Nach dem zweistündigen Gespräch sprach Kefer von einer "schwierigen Situation", Hermann von "nicht besonders gemütlichen Gesprächen". Der Minister sagte nach dem Treffen in Stuttgart: "Wir haben uns im Kreis gedreht."
Die Bahn hatte die sogenannte Sprechklausel gezogen, um nach dem Überschreiten des Finanzierungsrahmens von bislang 4,5 Milliarden Euro über die Finanzierung zusätzlicher Kosten und Risiken von bis zu 2,3 Milliarden Euro zu verhandeln. Die Bahn selbst stehe nach wie vor zu S 21 und wolle es vorantreiben, betonte Kefer in Stuttgart. Hermann bekräftigte, dass das Land nicht mehr als die zugesagten 930 Millionen Euro zahle. "Die Zuwendungen sind gedeckelt." Eine für Ende Februar anberaumte Sitzung des Lenkungskreises der S-21-Projektpartner wurde von beiden Seiten abgesagt.
Streit um die Sprechklausel
Die im Finanzierungsvertrag festgehaltene Sprechklausel verpflichtet die Projektpartner aus Sicht der Bahn zu einer weiteren Beteiligung an steigenden Projektkosten. Kefer: "Das ist kein herkömmlicher Liefer- und Leistungsvertrag." Es sei vielmehr ein "Partnerschaftsvertrag". Aus Sicht des Landes und der Stadt Stuttgart hingegen verpflichtet die Klausel zu nichts anderem als Gesprächen. "Sprechen ist nicht zahlen", betont Hermann stets.
Bahn-Chef Rüdiger Grube hatte sich die Bahn-Interpretation der Klausel in einem Gutachten bestätigen lassen. Immerhin zahle die Bahn mit 1,8 Milliarden Euro doppelt so viel wie das Land und sechsmal so viel wie die Stadt Stuttgart, unterstrich Kefer.
Quelle: ntv.de