BND-Spion wohl von Wien aus betreut Merkel würde Methoden gerne umkrempeln
12.07.2014, 16:25 Uhr
Ganz will Merkel die Kooperation im Geheimdienstbereich mit den USA nicht einstellen.
(Foto: REUTERS)
Kanzlerin Merkel ist mit den Spionage-Methoden der Amerikaner ganz und gar nicht einverstanden, weil diese doch recht altmodisch seien. Generell will sie aber an der Zusammenarbeit festhalten. Derweil kommen immer neue Details in der Affäre ans Licht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die USA in der Spionageaffäre erneut kritisiert, will aber an der Kooperation der Geheimdienste festhalten. "Aus meiner Interessensicht ist es nicht eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, wenn so etwas vorkommt", sagte Merkel im ZDF zu den Ausspähaktivitäten der US-Geheimdienste in Deutschland. Solche Methoden passten nicht ins 21. Jahrhundert. Zwischen Deutschland und den USA gebe es "grundsätzlich unterschiedliche Ansichten" zur Arbeit der Nachrichtendienste, über die intensiv gesprochen werden müsse. Merkel betonte aber zugleich: "Deutschland profitiert von der Zusammenarbeit, was Terrorismusbekämpfung und andere Dinge anbelangt."
Die Kanzlerin unterstrich, Berichte über eine angebliche Anweisung an die deutschen Sicherheitsbehörden, die Zusammenarbeit mit den US-Diensten auf ein Minimum zu beschränken, seien falsch. "Wir wollen diese partnerschaftliche Zusammenarbeit, aber wir haben hier andere Vorstellungen. Dazu gehört, dass man sich nicht gegenseitig ausspioniert." Die Geheimdienste im 21. Jahrhundert müssten sich auf die wichtigen Sachen konzentrieren, betonte die Kanzlerin unter Verweis auf zahlreiche Krisenherde in der Welt.
Merkel will ruhig bleiben
E s sei "nicht ganz so einfach, die Amerikaner davon zu überzeugen, die Arbeit der Nachrichtendienste ... jetzt völlig umzukrempeln", räumte Merkel in dem Interview. Daher müsse man mit den USA "sehr ruhig und beharrlich" erörtern, wo die unterschiedlichen Auffassungen lägen. Deutschland sei bereit, ein guter Partner zu sein.
Eine Unterbrechung der Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein Freihandelsabkommen lehnte Merkel strikt ab. "Davon halte ich gar nichts." Das Abkommen sei in deutschem Interesse. "Als Exportnation profitieren wir davon, wenn wir ein solches Freihandelsabkommen hinbekommen." Deutschland wolle in den Gesprächen aber auf Datenschutz sowie auf kulturelle Identität achten.
"Förderprogramm für Antiamerikanismus"
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier riefen die USA auf, die Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen. Ohne Vertrauen und gegenseitigen Respekt gehe es nicht, sagte Steinmeier der "Welt am Sonntag" vor einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry am Sonntag in Wien. Alle Verantwortlichen müssten bereit sein, die transatlantische Freundschaft "ehrlich neu zu beleben".
Von der Leyen mahnte die USA im "Tagesspiegel am Sonntag", wenn das Vertrauen in das deutsch-amerikanische Verhältnis nicht weiter schwinden solle, müsse Washington solchen "Übergriffen" politisch einen Riegel vorschieben. Es sei unverständlich, dass die USA Deutschland ähnlich behandele wie "suspekte Nationen". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte dem SWR: "Die amerikanische Geheimdienstpolitik ist ein Förderprogramm für den Antiamerikanismus in Europa."
Merkel und andere Regierungsmitglieder bemühten sich aber zugleich um Schadensbegrenzung. So hob die Kanzlerin nachdrücklich den Wert der nach dem Zweiten Weltkrieg gewachsenen deutsch-amerikanischen Freundschaft hervor. Die Vereinigten Staaten hätten die gleichen Werte und seien in Vielem für Deutschland Inspiration..
BND-Spion von Wien aus betreut
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", soll der mutmaßliche US-Spion beim BND nicht von der Berliner Botschaft der Vereinigten Staaten betreut worden sein, sondern von den Kollegen aus Wien. CIA-Agenten aus der US-Botschaft in Wien hätten den 31-Jährigen seit 2012 mehrmals in Salzburg getroffen, von ihm geheime Dokumente erhalten und dafür Geld gezahlt, berichtete das Magazin. Bei seinem Geständnis habe der Beschuldigte zwei mutmaßliche CIA-Agenten beschrieben. Sollte es gelingen, sie zu identifizieren, könnten sie bei einer Einreise nach Deutschland Probleme bekommen - weil sie hier keinen diplomatischen Schutz genießen.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts