Friedrich will nichts gewusst haben Ministerium gab Studie weiter
20.04.2012, 15:31 Uhr
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Einen Tag, bevor das Innenministerium eine umstrittene Muslim-Studie veröffentlicht, berichtet die "Bild"-Zeitung darüber. Ressortchef Friedrich behauptet da noch, er wisse nicht, wie das Blatt an die Studie gekommen sei. Jetzt gesteht sein Ministerium: Die Unterlagen gingen gezielt an Springer.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich gerät wegen des Umgangs mit einer kürzlich veröffentlichten Islamstudie unter Druck. Die Opposition aus SPD, Linken und Grünen bezichtigt ihn der Lüge, weil Friedrich am 1. März die Herausgabe der Studie an die "Bild"-Zeitung vor der offiziellen Vorstellung der Ergebnisse verneint hatte. Aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion geht nun aber hervor, dass das Pressereferat die ganze Studie an "Bild" weiterleitete.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich in Widersprüche verstrickt.
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Das Blatt hatte am 29. Februar unter der Überschrift "Junge Muslime verweigern Integration" über angeblich massives Desinteresse an Integration und hoher Gewaltbereitschaft berichtet. Dies entsprach aber nicht den differenzierten Ergebnissen der Studie.
CSU-Politiker Friedrich hatte bisher bestritten, dass sein Ministerium die Studie vorab weitergereicht habe. Im ZDF erklärte der CSU-Politiker damals: "Sie müssen die "Bild"-Zeitung fragen, woher sie sie hat. Von mir nicht." Ein Sprecher Friedrichs räumte nun ein, dass der Minister in dem Moment offensichtlich nichts von der Weitergabe gewusst habe.
Gesamtstudie ging gezielt an "Bild"
Kritiker bemängelten damals, . Offenbar habe das Ministerium die Studie absichtlich an das Blatt gegeben, um eine bestimmte Tendenz in der Berichterstattung zu erreichen, lautete der Vorwurf.
Der Sprecher Friedrichs erklärte, die "Bild" habe damals wohl bereits Teile der Studie oder eine Zusammenfassung gehabt. Um der Redaktion eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Studie zu ermöglichen, sei vorab die Gesamtstudie übermittelt worden. In der Antwort der Bundesregierung für die Linksfraktion heißt es, das Vorabexemplar sei zur Vorbereitung eines Interviews, das am 3. März erschien, übersandt worden.
Offiziell veröffentlicht wurde die Studie am 1. März auf der Internetseite des Ministeriums. "Bild" hatte bereits einen Tag zuvor, am 29. Februar, berichtet.
"Eines Ministers unwürdig"
Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, bezeichnete Friedrich als "Lügenminister". "Wenn ein Bundesminister die Öffentlichkeit derart belügt, wie Hans-Peter Friedrich es getan hat, muss sich die Bundeskanzlerin fragen, ob er noch tragbar ist." Sich nun dahinter zu verstecken, dass der Minister nichts gewusst habe, sei erbärmlich und eines Ministers unwürdig.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP