Politik

Streit um Geruchsproben Ministerium will nicht schnüffeln

Das Bundesinnenministerium hat ausdrücklich bestritten, dass Geruchsproben von Globalisierungskritikern beim G8-Treffen in Heiligendamm zum Einsatz kommen sollen.

Es gehe ausschließlich um laufende Ermittlungsverfahren zu bereits begangenen Straftaten und nicht um die präventive Vorbereitung des G8-Gipfels, betonte der Parlamentarische Staatssekretär Christoph Bergner (CDU) in einer Fragestunde des Bundestags.

Bei der Großrazzia vor zwei Wochen waren von fünf Personen Geruchsproben genommen worden. Während Politiker von SPD, Grünen und FDP empört darauf reagierten, sprach Bergner von einem Instrument, das in der Strafprozessordnung vorgesehen sei. Die Geruchsproben könnten mit Gegenständen verglichen werden, die am Tatort sichergestellt wurden.

Justizministerin hat "ungutes Gefühl"

Dagegen ging Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) auf Distanz zu dem Vorgehen der Ermittlungsbehörden. Zypries sagte im Hessischen Rundfunk, wenn man in Stasi-Museen gesehen habe, wie dort Geruchsproben von Systemgegnern in Einmachgläsern aufbewahrt worden seien, hinterlasse dies ein ungutes Gefühl.

Grünen-Innenexpertin Silke Stokar fragte im Bundestag ironisch: "Ist es hilfreich, wenn wir alle Bundesbürger auffordern, ihre dreckigen Socken an das BMI (Bundesministerium des Innern) zu schicken, damit sie dann ausreichend Vergleichsgeruchsproben haben?" Ihr Fraktionskollege Volker Beck hatte zuvor bei n-tv erklärt, er halte das Vorhaben für "sehr absonderlich". Er könne sich nicht vorstellen, wozu ein Archiv von Geruchsproben dienen solle. Eine solche Methode sei "fragwürdig bis lächerlich".

"Schnüffelstaat in Perfektion"

Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse fühlt sich an Methoden des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit erinnert. In der "Leipziger Volkszeitung" warnte er die Behörden "vor Hysterie, die zu Polizeistaats-Methoden la DDR führen" könnte. Es sei für ihn "schon schlimm genug, dass ich rund um das Tagungsgelände einen kilometerlangen Metallzaun ertragen muss, der mir die Mauer aus DDR-Zeiten zurück ins Gedächtnis bringt", sagte Thierse.

Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Hans-Christian Ströbele erklärte gegenüber der Zeitung: "Das ist der Schnüffelstaat in Perfektion." Er erinnerte daran, dass bereits in den 80er Jahren das Bundesamt für Verfassungsschutz Geruchsproben von vermeintlichen System-Gefährdern gesammelt habe. Nach öffentlichem Protest sei diese Praxis aber dann beendet worden. "Es ist unappetitlich, dass unsere Sicherheitsbehörden jetzt Methoden anwenden, die schon die Stasi praktiziert" habe, so Ströbele.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Max Stadler sprach von "unverständlichen Methoden", die vermutlich "ins Blaue hinein" gesammelt werden, da unklar sei, woher man heute schon wisse, wer Anfang Juni gewalttätig demonstrieren wolle.

"Geruchsproben nur von fünf oder sechs Beschuldigten"

Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte in Berlin, bei der Entnahme von Geruchsproben in Hamburg handle es sich um einen begrenzten Fall. Die Geruchsproben seien als ein Indiz bei fünf möglichen Beschuldigten genommen worden, um sie mit anderen Spuren abzugleichen. Sie würden nach Abschluss des Verfahrens vernichtet.

Auch die Bundesanwaltschaft wies den Vorwurf zurück, die Polizei wolle in Heiligendamm mit Geruchsproben gegen Globalisierungsgegner vorgehen. Zwar seien bei der Großrazzia vor zwei Wochen von fünf oder sechs Beschuldigten des Ermittlungsverfahrens solche Proben genommen worden, sagte Sprecher Andreas Christeleit in Karlsruhe. Zweck sei aber nur das Abgleichen von Spuren gewesen, die an den Tatorten von Brandanschlägen oder auf Bekennerschreiben gefunden wurden. "Das ist eine normale Maßnahme im Ermittlungsverfahren", sagte der Sprecher.

Quelle: ntv.de

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