Politik

"Rückfall in stalinistische Zeiten" Minsk schließt OSZE-Büro

Demonstranten in Minsk verlangen Freiheit für die inhaftierten Oppositionellen.

Demonstranten in Minsk verlangen Freiheit für die inhaftierten Oppositionellen.

(Foto: REUTERS)

Schon lange war die OSZE dem weißrussischen Präsidenten Lukaschenko ein Dorn im Auge. Doch spätestens seit ihrer Kritik an der umstrittenen Wahl sind die OSZE-Mitarbeiter höchst unerwünscht in dem autoritär regierten Land. Nun schließt Lukaschenko das Büro in Minsk.

Die Regierung in Weißrussland hat die Schließung des OSZE-Büros in der Hauptstadt Minsk angeordnet. "Die weißrussische Seite hat die Entscheidung getroffen, das Mandat für das OSZE-Büro in Minsk nicht zu verlängern", hieß es in einer Erklärung des weißrussischen Außenministeriums. Es gebe keine "objektiven Gründe" dafür, eine Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Weißrussland weiter aufrecht zu erhalten. Diese Position habe die weißrussische Seite bereits seit mehreren Jahren immer wieder dargelegt.

Lukaschenko greift mit harter Hand durch.

Lukaschenko greift mit harter Hand durch.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Eine Analyse der OSZE-Tätigkeit in Weißrussland zeige, dass sich die Aufgaben des Büros erschöpft hätten, sagte ein Außenamtssprecher. Er gehe nicht davon aus, dass eine Schließung das Verhältnis der Führung in Minsk zur OSZE belasten würde. Leiter der Vertretung in Weißrussland ist der Deutsche Benedikt Haller.

Der Litauische Außenminister Audronius Azubalis, der im Januar den Vorsitz der OSZE übernehmen wird, wehrte sich in einer Stellungnahme gegen die geplante Schließung. Die OSZE habe ihr Mandat noch nicht erfüllt, heißt es in der Erklärung: "Die OSZE hat noch wichtige Arbeit in Weißrussland zu leisten".

"Rollback in eine wirklich totalitäre Diktatur"

Außenminister Guido Westerwelle sagte, die Entscheidung zur Schließung sei ein weiterer Rückschlag für die Stellung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in Weißrussland. "Mit ihrem autoritären Kurs führt die Regierung in Minsk ihr Land immer weiter weg von europäisch-freiheitlichen Werten."

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung und Osteuropa-Experte, Andreas Schockenhoff, sagte: "Wir erleben in Weißrussland zurzeit einen Rückfall in stalinistische Zeiten." Nach den Ereignissen der letzten Tage befürchte er einen richtigen "Rollback in eine wirklich totalitäre Diktatur".

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Ruprecht Polenz, hatte am Donnerstag die jüngsten Ereignisse in Weißrussland als Ausdruck einer völligen Missachtung europäischer Regeln und Standards durch Lukaschenko bezeichnet. Er rief die Außenminister der Europäischen Union dazu auf, eine des Rates der EU einzuberufen, um die Situation in Weißrussland zu erörtern und erforderliche Maßnahmen zu beschließen

Lange Haftstrafen drohen

Lukaschenko, der von Menschenrechtlern oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnet wird, hatte die Präsidentenwahl in der früheren Sowjetrepublik vor zwei Wochen nach offizieller Darstellung gewonnen. Die OSZE verwies aber auf erhebliche Unregelmäßigkeiten und erkennt die Abstimmung nicht an. Die Wahlbeobachter erklärten überdies, in fast der Hälfte der von ihnen besuchten Wahllokale sei die Stimmauszählung "schlecht" oder "sehr schlecht" verlaufen. Lukaschenko warf der Organisation vor, schon mit einem fertigen Bericht nach Minsk angereist zu sein.

Lukaschenko regiert Weißrussland, das seit 1992 OSZE-Mitglied ist, mit harter Hand. Trotz der internationalen Proteste gegen den Ablauf der Wahl ging die weißrussische Führung danach mit aller Härte gegen Demonstranten und Oppositionelle vor. Fast 600 Anhänger der Opposition wurden inhaftiert und teils zu zweiwöchigen Gefängnisstrafen verurteilt. 20 Menschen, darunter fünf Kandidaten der Opposition, drohen Gefängnisstrafen von bis zu 15 Jahren.

Die Schließung des 2003 eröffneten Büros wäre ein neuer Tiefpunkt im Verhältnis Weißrusslands zum Westen. Noch im Mai 2009 war das Land in die Ost-Partnerschaft der EU aufgenommen worden.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa/rts

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