So reagiert Deutschland auf Schröders Fete mit Putin "Mir gefror das Blut in den Gefäßen"
29.04.2014, 14:57 Uhr
Schröder dürfte bewusst gewesen sein, welche Reaktionen seine Feier mit Putin auslösen könnte. Er tat es trotzdem.
(Foto: REUTERS)
Darf er das? Darf Gerhard Schröder mitten in der Ukraine-Krise mit Freund und Geschäftspartner Putin feiern? Nein, sagen Journalisten und Politiker. Allerdings nicht alle.
Ein lächelnder Gerhard Schröder in den Armen von Wladimir Putin: Als Nikolaus Brender dieses Bild sah, gefror ihm das Blut in den Gefäßen. So zumindest beschreibt der bekannte Fernsehjournalist seine erste Reaktion im Gespräch mit n-tv.de. "Das ist stillos, das ist eine Verhöhnung der deutschen Außenpolitik", sagt er.
Während russische Soldaten Militärmanöver abhalten, die EU Sanktionen ausspricht und in der Ukraine Menschen sterben hat Ex-Kanzler Schröder seinen 70. Geburtstag mit dem russischen Präsidenten in St. Petersburg nachgefeiert. Veranstalter der Fete war die Nord Stream AG, in dessen Aktionärsausschuss Schröder Vorsitzender ist. Da der russische Gasriese Gazprom die Aktiengeselleschaft dominiert, stand auch Putin auf der Gästeliste. Das herzliche Treffen der beiden löst in Teilen von Politik und Öffentlichkeit jetzt Entsetzen aus.
"Schröder tut offensichtlich alles, um zu dem Personenkreis zu gehören, der den Sanktionen der USA und der EU unterworfen wird", sagt Brender. "Schröder ist Gefangener seines eigenen Engagements."
Geschäft und Vorsitzposten hin oder her - die vertraute Begrüßung Schröders und Putins deutet noch auf eine andere Dimension der Beziehung der beiden hin. Der Ex-Kanzler und der Präsident gelten als Freunde. Aber auch das ist für Brender keine Rechtfertigung. "Wenn eine Freundschaft zwischen Schröder und Putin wirklich besteht, dann hätte Schröder klar machen können, dass in einer solchen Zeit ein solches Treffen fehlinterpretiert werden muss." Brenders TV-Kollege Heiner Bremer spricht von einem "instinkt- und geschmacklosen" Schritt.
Bundesregierung distanziert sich von Schröder
Wie Brender und Bremer äußerte sich auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt: "Wenn Bundeswehrsoldaten in der Ostukraine von prorussischen Milizen gefangengehalten werden, dann ist das nicht der Zeitpunkt für sorglose Geburtstagsfeiern mit dem Duzfreund Wladimir." Es sei gute Tradition, dass sich ehemalige Regierungschefs in Krisen als Vermittler betätigten. "Vermitteln bedeutet allerdings nicht, Party mit Putin zu feiern und die ernsthaften und schwierigen Bemühungen des sozialdemokratischen Außenministers zur Eindämmung der Krise auf gefährliche Art und Weise zu torpedieren."
Mitglieder des Bundeskabinetts wagten sich mit Bewertungen des Treffens bisher nicht vor Mikrofone und Kameras, doch sie distanzierten sich im Schutz einer gewissen Anonymität von Schröder. "Er ist nicht mit einem Auftrag der Bundesregierung unterwegs", heißt es aus Regierungskreisen. Dass sich auffällig viele SPD-Politiker weigern, sich zu dem Fall zu äußern, sagt womöglich mehr als ein Dutzend Zitate.
"Deutschland ist ein freies Land"
Schröder gilt seit jeher als Putin-Versteher. So verglich er erst vor wenigen Wochen den Völkerrechtsbruch des Krim-Referendums mit dem Völkerrechtsbruch Deutschlands während des Kosovo-Kriegs. Auch deshalb musste er immer wieder kritische Kommentare über sich ergehen lassen.
Aller Worten der Entrüstung zum Trotz - es gibt auch Verständnis für Schröder. Wolfgang Kubicki sagt: "Deutschland ist ein freies Land, da kann jeder seinen Geburtstag feiern, mit wem er möchte." Angesichts der Symbolik des Treffens fügt der stellvertretende Vorsitzende der FDP hinzu: "Ich halte es grundsätzlich für vernünftig, Privatkontakte zu nutzen, um den Dialog in schwierigen Situationen aufrecht zu erhalten." Im Gespräch mit n-tv.de versichert Kubicki, dass er genauso handeln würde. "Der Weg vom Krieg der Worte zum Krieg der Waffen ist kürzer, als man denkt." Und wer den Krieg der Waffen nicht wolle, dürfe nie den Gesprächsfaden abreißen lassen.
Ähnlich äußerte sich der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler. "Ich weiß nicht, was bei dieser Feier passiert ist. Ich hoffe, dass auch über die aktuelle Situation gesprochen worden ist. Für solche Entwicklungen kann so eine private Geburtstagsfeier auch eine Gelegenheit sein."
Fernab aller Worte stimmt eine ganze Reihe von Politikern Schröders herzlichem Treffen mit Putin auf nonverbale Weise zu. An der Geburtstagsfeier in St. Petersburg nahmen nach Angaben der deutschen Presseagentur auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering, der deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger Freiherr von Fritsch, und der Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, teil.
Quelle: ntv.de