"Menschenunwürdig" Miserable Haftplätze in NRW
16.02.2009, 18:21 UhrNordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) hat teilweise menschenunwürdige Haftbedingungen in den Gefängnissen des Landes eingeräumt. "Wir haben 2005 eine desolate Situation vorgefunden mit überbelegten und teilweise maroden Haftanstalten", sagte die Ministerin in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die neue Landesregierung habe eine Modernisierungsoffensive gestartet. Möglichst bald sollen alle Haftplätze in NRW den Kriterien der Menschenwürde entsprechen - das heißt über ausreichend große Zellen und abgetrennte Sanitärbereiche verfügen.
500 Millionen Euro seien seit 2005 im Justizvollzug in Baumaßnahmen investiert worden. Dadurch seien 421 Haftplätze neu gebaut worden, 1500 weitere seien im Bau. Bei nochmals 647 Plätzen rechne sie mit einem baldigen Baubeginn, sagte die Ministerin. 800 Gemeinschaftszellen in alten Anstalten wurden nachträglich mit Sanitärkabinen ausgestattet. Auch personell sei investiert worden: Über 500 Stellen seien für den Strafvollzug neu geschaffen oder entgegen ursprünglichen Plänen nicht gestrichen worden.
Entschädigung für Straftäter?
In den Gefängnissen hatten zahlreiche Straftäter gegen ihre Haftbedingungen geklagt. Sie monieren die Mehrfachbelegung zu kleiner Zellen und mangelhafte Abtrennung der Toiletten. An diesem Mittwoch beschäftigt sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Klage eines Häftlings auf Entschädigung. Das Gericht hatte die Zustände bereits in früheren Verfahren als teilweise menschenunwürdig erachtet und den Betroffenen Prozesskostenbeihilfe bewilligt.
Das Oberlandesgericht hatte kritisiert, dass einem Häftling teilweise weniger als fünf Quadratmeter Grundfläche in einer Gemeinschaftszelle zur Verfügung stehe. Einen Verstoß gegen die Menschenwürde sahen die Richter auch darin, dass Häftlinge vor den Augen ihrer Mitgefangenen die Toilette benutzen müssen und Mithäftlinge von Geräuschen und Geruch belästigt werden. Häftlinge hatten sich unter anderem über die Haftbedingungen in den Gefängnissen Bielefeld-Brackwede I, Bochum, Dortmund, Detmold, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Münster und Werl beschwert.
Frank Christiansen, dpa
Quelle: ntv.de