Politik

Streit um Steinbach-Vergleich Mögliche Berufung verschoben

Die Entscheidung über die Besetzung des Stiftungsrats für die neue Vertriebenen-Gedenkstätte in Berlin wird möglicherweise nicht mehr in dieser Legislaturperiode fallen. Damit würde auch der erneut aufgeflammte Streit um die Ernennung der aus Polen vehement abgelehnten Vertriebenen-Politikerin Erika Steinbach (CDU) vertagt.

Nach dpa-Informationen aus der Bundesregierung soll vermieden werden, dass dieses Thema in den Wahlkampf gezogen wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Vorstellungen zu der möglichen Berufung der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen bisher nicht zu erkennen gegeben. Die SPD lehnt sie - ebenso wie Polen - strikt ab.

Es sei gut möglich, dass über die Besetzung des Stiftungsrats erst 2010 entscheiden werde, hieß es in der Regierung. Das formale Verfahren zur Einsetzung der Stiftungsgremien durch das Bundeskabinett hat noch nicht begonnen. Der Aufbau der Dokumentationsstätte zu Flucht und Vertreibung ("Sichtbares Zeichen") wird frühestens 2011 beendet sein.

Heftige Kritik aus Polen

Aus Polen gab es erneut heftige Kritik an einer möglichen Berufung der Vertriebenen-Präsidentin in den 13-köpfigen Stiftungsrat. Merkel traf sich zu einem vertraulichen Gespräch mit dem polnischen Deutschlandbeauftragten Wladyslaw Bartoszewski. Bartoszewski hatte zuvor der Polnischen Presse-Agentur PAP gesagt, die Teilnahme Steinbachs am Vertriebenen-Projekt wäre "kein Rechtsbruch, aber eine politische Unanständigkeit".

Der Vertriebenen-Vertreter in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme, warf Bartoszewski "unerhörte Diffamierung" vor. Sie sei geeignet, den deutsch-polnischen Beziehungen nachhaltig zu schaden. Bartoszewski war in Polen mit der Bemerkung zitiert worden: Eine Berufung Steinbachs in den Stiftungsrat sei, "als ob der Vatikan den Holocaust-Leugner, Bischof Williamson, zum Bevollmächtigten für die Beziehungen zu Israel ernannt hätte".

Keine Umdeutung der Geschichte

Merkel will am 27. Februar den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Hamburg treffen. Beide hatten nach dem Regierungswechsel in Polen den Streit um das Vertriebenen-Zentrum entschärft. Polens Vize-Regierungschef Grzegorz Schetyna rechnet auch jetzt mit einer positiven Lösung.

Regierungssprecher Wilhelm sagte in Berlin, die Regierung habe immer deutlich gemacht, dass es mit der Gedenkstätte keine Umdeutung der Geschichte geben werde. Die Bundesregierung sei sich der historischen Verantwortung bewusst. Die Freundschaft zwischen Polen und Deutschland stehe auf einem sicheren Fundament.

Polen wirft Steinbach seit Jahren vor, die Geschichte umdeuten und damit die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg relativieren zu wollen. Die Bundesversammlung der Vertriebenen hatte im Frühjahr 2008 einstimmig Steinbach für das Aufsichtsgremium nominiert.

Laut Wilhelm wird Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) die betroffenen Organisationen auffordern, Vorschläge für den Stiftungsrat zu machen. Am Ende entscheidet das Kabinett. Wilhelm ging nicht auf die Frage ein, ob die Bundesregierung versucht habe, den Bund der Vertriebenen von der Nominierung Steinbachs abzubringen.

Quelle: ntv.de

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