EU-Anhänger in Donezk erstochen Moskau behält sich "Schutzmaßnahme" vor
14.03.2014, 12:12 Uhr
Die Stimmung zwischen den pro-russischen und den pro-westlichen Anhängern im Osten der Ukraine kippt. Bei Zusammenstößen in Donezk kommt mindestens ein Mensch ums Leben. Moskau wirft Kiew vor, die Lage nicht mehr im Griff zu haben.
Nach tödlichen Ausschreitungen im Osten der Ukraine hat Moskau seinen Willen betont, die russische Bevölkerung im gesamten Land zu schützen. Russland stehe zu seiner "Verantwortung für das Leben seiner Landsleute und Mitbürger in der Ukraine", erklärte das Außenministerium in Moskau. Man behalte sich deshalb das Recht vor, diese Menschen zu schützen. Ob dies bedeutet, dass Russland bereit ist, Truppen außer auf die Krim auch in andere Landesteile zu entsenden, blieb offen.
Am Donnerstag war ein Anhänger der prowestlichen Übergangsregierung in Kiew in der russisch geprägten Stadt Donezk im Osten des Landes bei Ausschreitungen erstochen worden. Es ist der erste Tote in dem Konflikt, seitdem russische Truppen Ende Februar de facto die Kontrolle über die ukrainische Halbinsel Krim übernommen haben. Weitere 16 Menschen wurden bei dem Vorfall verletzt.
Aktivisten zufolge starben zudem zwei weitere Demonstranten. Dies wurde aber nicht offiziell bestätigt. Es war der schwerste Gewaltausbruch in der Ukraine seit dem Umsturz in Kiew vor knapp drei Wochen, als binnen weniger Tage in der Hauptstadt etwa 100 Menschen getötet wurden.
Bei dem Todesopfer handelte es sich laut Behördenangaben um einen 22-Jährigen, der an den Folgen einer Messerstichwunde gestorben sei. Er gehörte Aktivisten zufolge dem Lager der Demonstranten an, die eine Annäherung der Ukraine an die Europäische Union forderten. Diese waren im Zentrum des russischgeprägten Donezk auf dem Lenin-Platz mit Hunderten Putin-Sympathisanten aneinandergeraten. Die Polizei versuchte nach Angaben von Journalisten vor Ort vergeblich, die beiden Gruppen auseinanderzuhalten. Es flogen demnach Rauchbomben und andere Wurfgeschosse. Erst in der Nacht beruhigte sich die Lage.
Russland hat auf der Krim seine Schwarzmeerflotte stationiert und auf der Halbinsel de facto seit vergangener Woche die Kontrolle übernommen. Das Land verstärkte zudem seine Militärpräsenz an der ukrainischen Grenze. Die Armee begann am Donnerstag mit einer Reihe von Manövern mit 8500 Soldaten. Dabei kamen nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch Artillerie und Raketenwerfer zum Einsatz.
Russen sollen Aufklärer beschossen haben
Die Regierung in Kiew warf Russland vor, ein Aufklärungsflugzeug in der Nähe der Meeresenge beschossen zu haben, die das ukrainische Festland von der Krim trennt. Es sei der zweite derartige Beschuss innerhalb von fünf Tagen gewesen. Ob es Schäden an der Maschine gab, erklärt die Regierung nicht.
Die Übergangsregierung in Kiew tritt für eine engere Anbindung an den Westen ein. Ein dazu über Monate hinweg ausgehandeltes Abkommen mit der EU hatte Janukowitsch im vergangenen Jahr kurzfristig platzen lassen und damit die Massenproteste ausgelöst, die nach gut einem Vierteljahr letztendlich zu seiner Absetzung führten. Allerdings fühlt sich ein großer Teil der Bevölkerung insbesondere im Osten und auf der Krim Russland deutlich näher als dem Westen. Der Chef der separatistischen Krim-Regionalregierung, Sergej Aksjonow, sagte, mehr als 80 Prozent der Bevölkerung auf der Halbinsel befürworteten eine Eingliederung in die Russische Föderation.
Quelle: ntv.de, pp/dpa/rts