Experten sollen "Missverständnisse" angehen Moskau und EU suchen ähnliche Sichtweise
28.01.2014, 19:27 Uhr
Schwierige Zeiten: Russlands Präsident Wladimir Putin (l), EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy (m) und Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.
(Foto: REUTERS)
Die Annährung früherer Sowjetrepubliken an den Westen sorgt für harte Gegenreaktionen in Moskau. Bei einem Treffen versuchen Russland und die EU die Wogen zu glätten. Doch die Differenzen sind weiter erheblich - zumindest sollen es nicht mehr werden.
Russland und die EU suchen nach schwerem Streit um eine West-Orientierung der Ukraine einen Weg aufeinander zu. Experten soll Missverständnisse über die wirtschaftlichen Folgen von EU-Partnerschaftsabkommen mit Ex-Sowjetrepubliken wie der Ukraine oder Georgien ausräumen. Dies vereinbarte der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag in Brüssel mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Zugleich versicherte Putin, dass ein Ende vergangenen Jahres dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch gewährter russischer Kredit über 15 Milliarden US-Dollar auch im Fall eines Machtwechsels in Kiew nicht infrage gestellt werde. "Wir werden das nicht rückgängig machen, falls die Opposition an die Macht kommt", sagte Putin vor Journalisten. "Für uns ist wichtig, dass wir zuversichtlich sein können, das Geld wieder zurückzubekommen." Weiter sagte er: "Für uns ist bedeutsam, welche Wirtschaftspolitik eine Regierung verfolgt, welche Regierung das auch immer sein mag. Wir werden mit jeder Regierung in der Ukraine sprechen."
"Wir werden uns nicht einmischen"
Auch die mit Janukowitsch vereinbarte Senkung des Gaspreises habe "nichts mit dem Wunsch, eine bestimme Regierung zu unterstützen, zu tun, sondern mit dem Wunsch, den einfachen Bürgern der Ukraine zu helfen". Putin betonte, Moskau habe auch "einen konstruktiven Dialog" mit der früheren, jetzt inhaftierten Regierungschefin Julia Timoschenko geführt.
Mit Blick auf aktuelle Situation zeigte sich Putin indes skeptisch, dass die Ukraine Vermittler brauche: "Je mehr Vermittler es gibt, desto mehr Probleme gibt es." Moskau respektiere die Entscheidungen des ukrainischen Volkes: "Wir werden uns nicht einmischen."
Die ukrainische Regierung hatte im November auf Druck Russlands eine politische und wirtschaftliche Annäherung an die EU gestoppt und die Unterzeichnung eines Freihandelsvertrags sowie eines Assoziierungsabkommens auf Eis gelegt. Das Einwirken Moskaus auf die Ukraine hatte die Beziehungen zur EU massiv verschlechtert und die Liste der Streitpunkte nach Konflikten in Handelsfragen und der europäischen Kritik an der Menschenrechtslage in dem Gastgeberland der Olympischen Winterspiele verlängert. Aufgrund der schlechten Atmosphäre wurde der ursprünglich über zwei Tage geplante Gipfel auf ein Programm von etwa drei Stunden zusammengestrichen.
Barroso sprach von "offenen und freimütigen" Beratungen. Dies aber heißt im diplomatischen Sprachgebrauch, dass es Meinungsunterschiede gebe. Putin sprach von einer "sehr geschäftsmäßigen und konstruktiven Atmosphäre".
"Verstehen Dinge unterschiedlich"
"Es kann unterschiedliche Interpretationen und Missverständnisse unserer Partnerschaftsabkommen geben", sagte Van Rompuy. Die Vereinbarungen mit Staaten wie Moldau, Georgien oder der Ukraine seien mit den bestehenden Handelsabkommen mit Russland "voll vereinbar", sagte Van Rompuy. "Wir verstehen die Dinge nicht immer in derselben Weise wie die Europäer", sagte Putin.
Russland bemüht sich seit Jahren um die Schaffung einer Zollunion mit früheren Sowjetrepubliken. Dabei sollen Handelsbarrieren fallen. "Unsere Östliche Partnerschaft beeinträchtigt nicht Russlands wirtschaftliche, handelspolitische, soziale, menschliche und kulturelle Verbindungen zu vielen unserer gemeinsamen Nachbarn", beruhigte Van Rompuy den russischen Präsidenten. Er schlug einen weniger harten Ton an als beim Ost-Partnerschaftsgipfel vom November in Vilnius (Litauen). Mit der 2009 ins Leben gerufenen Östlichen Partnerschaft will die EU ihren Nachbarn im Osten des Kontinents eine West-Perspektive geben.
Der nächste EU-Russland-Gipfel wurde für den 3. Juni in Sotschi vereinbart, unmittelbar vor dem G8-Gipfel.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP