"Keine demokratischen Standards" Moskau und Peking verspotten die USA
07.01.2021, 16:04 Uhr
Demokratiefeinde marschieren durch die Hallen der US-Demokratie.
(Foto: picture alliance/dpa/Zuma Press)
International ist das Entsetzen über die Randale der Trump-Anhänger im US-Kapitol groß. Auch Russland und China fühlen mit den Vereinigten Staaten. An der Aufrichtigkeit der Bekundungen kann gezweifelt werden.
Die beiden größten geopolitischen Gegner der Vereinigten Staaten haben den Angriff auf das Kapitol in Washington spöttisch zur Kenntnis genommen. Aus der russischen Hauptstadt Moskau hieß es, bei den Vorfällen handele es sich um eine inneramerikanische Angelegenheit. "Gleichwohl richten wir die Aufmerksamkeit erneut darauf, dass das US-Wahlsystem archaisch ist und nicht heutigen demokratischen Standards entspricht", sagt Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, der Agentur Interfax. Das lasse Raum für "zahlreiche Verstöße". Das chinesische Außenministerium in Peking zog Parallelen zu den Demokratie-Protesten in Hongkong.
Dutzende Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump waren am Mittwoch in den Parlamentssitz eingedrungen, um die Ratifizierung des Wahlergebnisses vom 3. November zu verhindern. Trump hatte zuvor seine haltlosen Betrugsbehauptungen wiederholt und seine Unterstützer aufgerufen, zum Kapitol zu ziehen. Die beiden Kongresskammern mussten ihre Sitzungen abrupt unterbrechen, die Parlamentssäle wurden geräumt. Mit vielen Stunden Verspätung konnte der Sieg des Demokraten Joe Biden schließlich bestätigt werden.
Russland wünsche dem amerikanischen Volk, "dass es diesen dramatischen Moment der eigenen Geschichte mit Würde übersteht", sagte Sprecherin Sacharowa weiter. Präsident Wladimir Putin kommentierte den Angriff auf das Kapitol nicht, als er nach einem Gottesdienst anlässlich des russischen Weihnachtsfestes kurz mit Journalisten sprach.
Schiefe Vergleiche mit Hongkong
Auch das chinesische Außenministerium wünschte den USA "so schnell wie möglich Frieden, Stabilität und Sicherheit". Dabei zog es Vergleiche zu den Protesten in Hongkong. Ähnliche Proteste in der früheren britischen Kronkolonie seien sogar "heftiger" gewesen, trotzdem habe es dort keine Toten gegeben, sagte eine Sprecherin. Nach Polizeiangaben starben bei dem Sturm auf das Kapitol vier Menschen, 52 wurden festgenommen. In den USA und auch international wurden die Vorfälle vielfach als Angriff auf die Demokratie kritisiert.
Die Proteste in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong hatten sich gegen die Einschränkungen von Freiheiten durch den Staat gerichtet. Im Fokus stand das umstrittene chinesische Sicherheitsgesetz für Hongkong. Dieses ist ein radikaler Einschnitt in die Autonomie der Finanzmetropole, die ihr bei der Übergabe an China 1997 nach dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" für mindestens 50 Jahre zugesagt wurde. Es sieht lebenslange Haft als Höchststrafe für zahlreiche Vergehen vor, die Chinas Behörden als Subversion, Abspaltung und Terrorismus werten.
Die Beziehungen zwischen den USA und China - den beiden wirtschaftlich wichtigsten Ländern der Welt - haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. In chinesischen Staatsmedien wird regelmäßig über Chaos und Gewalt in den USA berichtet.
Quelle: ntv.de, chr/dpa/rts