Politik

Ypsilanti zieht zurück Mr. Unbekannt übernimmt

Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti verzichtet auf eine erneute Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl. Das teilte Ypsilanti nach Beratungen des Landesparteirats in Frankfurt am Main mit. Herausforderer von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) solle der Landtagsabgeordnete Thorsten Schäfer-Gümbel werden. Der 39-Jährige ist stellvertretender Vorsitzender des SPD-Bezirks Hessen-Süd und gilt als Vertrauter Ypsilantis. Schäfer-Gümbel gehört dem Landtag seit dem Jahr 2003 an.

Sie selbst werde Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende bleiben. Der Parteirat der hessischen SPD hatte zuvor über die Konsequenzen aus dem gescheiterten Versuch beraten, Ypsilanti mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken zur Ministerpräsidentin zu wählen und damit den CDU-Amtsinhaber Koch abzulösen. Alle Landtagsparteien haben sich inzwischen für eine Neuwahl des Parlaments ausgesprochen. Es wird erwartet, dass sich der Landtag am 19. November selbst auflöst und damit den Weg für eine Wahl am 18. Januar frei macht.

Müntefering zollt Respekt

Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering hat Ypsilanti Respekt für ihren Verzicht auf die Spitzenkandidatur gezollt. Das mache "den Weg frei für eine Verjüngung und einen Neustart", erklärte Müntefering dazu laut einer Mitteilung.

Die Wahl im Januar 2009 sei "noch lange nicht gelaufen", fügte der Parteichef hinzu: "Voraussetzung dafür: Ehrlich die Fehler der Vergangenheit benennen, sie aufarbeiten, daraus lernen und den Blick nach vorne richten." Müntefering riet den Genossen in Hessen, "besser selbstkritisch und selbstbewusst als selbstgerecht" in den Wahlkampf zu ziehen.

Der stellvertretende Landesvorsitzende Gernot Grumbach hatte vor der Sitzung betont, Ypsilanti sei eine "kluge und strategische Frau", die die richtige Entscheidung treffen werde. Grumbach sagte weiter, die "Depression" in der hessischen SPD sei nun vorbei. Mit einem sozial engagierten Kurs in der Wirtschaftskrise werde die Partei in den Wahlkampf gehen.

Der Kasseler Parteienforscher Wolfgang Schroeder empfahl der SPD dringend einen neuen Spitzenkandidaten. Die Partei müsse signalisieren, dass sie nicht trotzig "zum dritten Mal gegen dieselbe Wand laufe", sagte er.

Grüne stimmen für Neuwahlen

Der Parteirat der hessischen Grünen hat sich derweil für eine vorgezogene Neuwahl ausgesprochen. Sie sei die beste Lösung und werde von einer überwältigenden Mehrheit der Bürger gewünscht, teilten die Grünen nach der Sitzung des Gremiums in Frankfurt mit.

Alle Parteien hätten neun Monate Zeit gehabt, eine Lösung der "hessischen Verhältnisse" zu finden. Vor allem der zerrissene Zustand der SPD habe das unmöglich gemacht. Einen Kommentar zum neuen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel wollten die Grünen nicht abgeben.

Koch hat gelernt

Hessens geschäftsführender Ministerpräsident Koch (CDU) kündigte unterdessen an, er wolle im kommenden Landtags-Wahlkampf mit dem Thema Ausländerkriminalität vorsichtiger umgehen. Anfang dieses Jahres habe sich in der Kampagne "beim Thema Kriminalität junger Ausländer" die "politische Botschaft verselbstständigt", sagte Koch dem "Focus". Für den falschen Eindruck hafte er persönlich. "Ich habe gelernt. So etwas darf nicht wieder passieren", betonte der CDU-Politiker. Ausklammern wolle er das Thema künftig jedoch nicht.

Eine Wiedereinführung der Studiengebühren in Hessen stehe für ihn derzeit nicht zur Debatte, machte Koch deutlich. Hier habe man aus dem schlechten Wahlergebnis gelernt. "Warum sollten wir bei den Studiengebühren wieder mit demselben Kopf vor dieselbe Wand laufen?"

Koch betonte, dass er bei der Neuwahl des Landtags ein Bündnis mit den Liberalen anstrebe. Er zeigte sich aber grundsätzlich auch aufgeschlossen, gegebenenfalls mit den Grünen eine Koalition einzugehen. "Die Debatte über Schnittmengen mit den Grünen wird fortgesetzt." Auch eine große Koalition nach der Wahl schloss er nicht aus. Die SPD in Hessen müsse sich aber "erst regenerieren, bevor sie wieder ein verlässlicher Partner sein kann", sagte Koch.

Quelle: ntv.de

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