Krawalle vor Gericht in Kairo Mubarak bestreitet Vorwürfe
03.08.2011, 12:48 Uhr
Show oder echte Leiden? Mubarak liegt im Gerichtssaal im Bett.
(Foto: AP)
In Kairo beginnt der mit Spannung erwartete Prozess gegen Ex-Präsident Mubarak. Der 83-Jährige liegt in einem Krankenbett im Käfig des Gerichtssaals. Doch mit kräftiger Stimme bestreitet er alle Vorwürfe. "Ich habe derartige Verbrechen nicht begangen." Draußen vor dem Gericht kommt es zu Schlägereien zwischen Anhängern und Gegner Mubaraks.
Der gestürzte ägyptische Staatschef hat in dem gegen ihn eröffneten Prozess auf nicht schuldig plädiert. "Ich weise all diese Anschuldigungen vollständig zurück", sagte Mubarak mit fester Stimme im Krankenbett liegend. "Ich habe derartige Verbrechen nicht begangen." Auch seine ebenfalls angeklagten Söhne Alaa und Gamal plädierten auf nicht schuldig.
Der 83-Jährige war am Morgen auf einem Krankenbett in einen Metallkäfig im Prozess-Saal gebracht worden. Dem langjährigen Staatschef, der am 11. Februar unter dem Druck wochenlanger Proteste zurückgetreten war, werden die Anordnung von Gewalt gegen Regierungsgegner sowie Amtsmissbrauch vorgeworfen. Sollte er wegen Mordes verurteilt werden, droht ihm die Todesstrafe.
Es ist das erste Mal in der Geschichte Ägyptens, dass sich ein ehemaliger Führer des Landes vor Gericht verantworten muss. Das Verfahren könnte auch in anderen arabischen Ländern, wo autokratische Herrscher regieren, Widerhall finden.
Söhne ebenfalls angeklagt
Zusammen mit Mubarak sind im selben Verfahren auch der frühere Innenminister Habib al-Adli und sechs ehemalige leitende Mitarbeiter aus dessen Ministerium angeklagt. Wegen Korruption und Amtsmissbrauchs müssen außerdem Mubaraks Söhne Gamal und Alaa vor dem Richter erscheinen.
Mubarak war am 11. Februar nach landesweiten Massenprotesten nach fast 30 Jahren an der Macht abgetreten. Er zog sich in ein Spital im Badeort Scharm el Scheich zurück, wo er formell unter Haft gestellt wurde.
Krawalle vor dem Gerichtssaal
Am Rande des Prozesses lieferten sich Anhänger und Gegner Mubaraks heftige Schlägereien. Vor der Polizeiakademie in einem Vorort der ägyptischen Hauptstadt, wo der Prozess abgehalten wird, gerieten die Menschen von den Morgenstunden an immer wieder aneinander.
Auch in einer Prozesspause gingen Gegner und Anhänger Mubaraks mit Stöcken und Steinen aufeinander los. Hunderte Menschen hatten sich vor der Polizeiakademie versammelt, um den live vom Staatsfernsehen übertragenen Prozess auf einer Großbildleinwand zu verfolgen, unter ihnen Angehörige der Opfer der Gewalt gegen die regierungskritischen Proteste vom Januar und Februar.
"Wichtig für Glaubwürdigkeit"
Der deutsch-ägyptische Autor und Politologe Hamed Abdel-Samad sieht im Mubarak-Prozess ein wichtiges Signal für die Glaubwürdigkeit des neuen Ägyptens. Bisher habe niemand wegen der 900 Toten bei den Demonstrationen vor Gericht gestanden. "Deshalb ist es wichtig für die Glaubwürdigkeit des Staates, für die Etablierung der Rechtsstaatlichkeit und für die Aufklärung, damit man weiß, wohin die Gelder gegangen sind, wer dafür verantwortlich ist und wer die Schießbefehle gegeben hat", sagte er im Deutschlandradio.
Die ägyptische Bevölkerung spüre, dass sich nichts verändert habe. "Die Anhänger des alten Regimes sitzen nach wie vor an den wichtigsten Schaltstellen der Macht im Lande und die wirtschaftliche Situation hat sich nicht verbessert", sagte Abdel-Samad. Ägypten befinde sich in einem Kulturkampf. "Es gibt ein Tauziehen zwischen Militärrat und Demokratiebewegung, zwischen Liberalen und Islamisten, Linken und Konservativen." Das sei jedoch völlig normal für die Zeit nach einem Umsturz. Europa solle sich in Ägypten politisch zurückzuhalten, aber mit Investitionen bei der Etablierung einer zivilen Gesellschaft helfen.
Amnesty fordert faires Verfahren
Amnesty International hatte einen fairen Prozess gegen Mubaral gefordert. Das Verfahren sei eine "historische Möglichkeit" für das Land, einen früheren Machthaber für die unter seiner Herrschaft begangenen Verbrechen zu belangen, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Der Prozess biete auch Gelegenheit, den Führungszirkel Mubaraks zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Malcolm Smart, Amnesty-Direktor für Afrika und den Nahen Osten. Damit das Verfahren aber ein "bedeutsamer Bruch" mit der Straflosigkeit für frühere Machthaber sei, müsse das Verfahren "transparent und fair" ablaufen. Auch Familien, die während der Proteste zu Jahresbeginn Angehörige verloren haben, müssten den Prozess fair beurteilen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts