Schulpolitik regional regeln Müller und Schwesig warnen vor Diktat aus Berlin
24.11.2020, 16:03 Uhr
Der Gipfel zwischen Kanzleramt und Ministerpräsidenten entscheidet morgen über die weitere Ausgestaltung der Corona-Maßnahmen.
(Foto: imago images/STPP)
Diesmal gehen die Länder mit eigenem Corona-Wunschzettel in die Beratungen mit dem Kanzleramt. Vorsorglich stellen einige Ministerpräsidenten schon mal fest, dass sie sich die Schulpolitik nicht aus Berlin diktieren lassen wollen. Lediglich Bayern macht klar: Merkel soll die Maßnahmen noch verschärfen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller erwartet beim Corona-Gipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich schnellere Entscheidungen als bei den vorherigen Beratungen. Er gehe davon aus, dass die Ministerpräsidenten und Merkel nach einer "relativ zügigen, konzentrierten Beratung auch zu einem Ergebnis kommen", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Die von den Ministerpräsidenten vorbereitete Beschlussvorlage sei ein sehr breit getragener Vorschlag der Bundesländer. Die Vorbereitung des Treffens mit Merkel sei gelungen
Müller, der zurzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, verwies aber darauf, dass es regionale Unterschiede etwa zwischen den Flächenländern und den Stadtstaaten sowie auch abhängig von den Regionen gebe. Darauf solle mit einem Maßnahmenmix reagiert werde - so sollten auch Bundesländer mit niedrigen Infektionsraten die Möglichkeit bekommen, Maßnahmen aufzuheben. Normalität sei ein Ziel.
Zwar sei nach der Länder-Beschlussvorlage noch nicht alles in Stein gemeißelt, sagte Müller, aber: "Es gibt einen Punkt, da würde ich sagen, da ist der Verhandlungsspielraum sehr gering, und das ist beim Thema Schule." Die Länder sagten ganz klar, es könne nicht von der Bundesebene aus entschieden werden, welches Unterrichtsmodell umgesetzt werde.
Mecklenburg-Vorpommern für regionale Schulpolitik
Ähnlich äußerte sich Mecklenburg-Vorpommerns sozialdemokratische Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Mit Einschränkungen des Schulbetriebs schon ab einem Inzidenzwert von 50 sei sie nicht einverstanden. Auch sei sie dagegen, wenn das Bundeskanzleramt Maßnahmen wie Wechselunterricht und Maskenpflicht für ältere Schüler in Regionen mit mehr als 50 Corona-Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen fordere, sagte sie in Schwerin. Vielmehr solle in jeder Region je nach Lage entschieden werden können, verlangte sie mit Blick auf den Länder-Gipfel im Kanzleramt.
"Wir halten am Präsenzunterricht fest", betonte Schwesig. "Wir wollen so viel Normalität wie möglich für die Schüler." In Mecklenburg-Vorpommern gingen derzeit 98 Prozent der Schüler ganz normal zur Schule, und das solle auch so bleiben. Das Land hat derzeit einen Inzidenzwert von knapp unter 50.
Söder will Nachschärfungen beim Corona-Gipfel
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU hatte zuletzt Schüler, Eltern und Lehrer auf Klassenteilungen und Wechselunterricht zumindest in einigen Klassenstufen und in schweren Corona-Hotspots eingestimmt. Die Schulen sollten zwar offenbleiben, allerdings nicht "auf Biegen und Brechen", hatte Söder betont. Insgesamt forderte Söder vor den Corona-Beratungen von Bund und Ländern eine weitere Verschärfung der bisherigen Länder-Vorschläge. Man müsse an einigen Stellen noch nachschärfen und ergänzen, sagte Söder am Rande einer Landtagssitzung in München.
Unter anderem will er noch einmal diskutieren, ob die für Weihnachten angestrebte Lockerung der Kontaktbeschränkungen tatsächlich auch über Silvester gelten soll, oder ob der Zeitraum nicht noch verkürzt wird. Die Beschlussvorlage der Länder sieht bislang vor, dass im Zeitraum vom 23. Dezember bis 1. Januar Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Menschen bis maximal zehn Personen ermöglicht werden sollen. Auch Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann dauert die Weihnachtslockerung zu lang.
Zugleich plädierte Söder für eine vorübergehende europaweite Schließung von Skigebieten und Skiliften. "Wenn wir Grenzen offen halten wollen, brauchen wir auch eine klare Übereinkunft, was das Skifahren betrifft. Ansonsten wird es eine schwierige Entwicklung", sagte Söder und verwies darauf, dass jemand, der in Risikogebieten Skifahren gehe, zehn Tage in Quarantäne müsse. Söder betonte dann aber: "Mir wäre lieber, wir würden ein einheitliches Übereinkommen auf europäischer Ebene haben: keine Skilifte offen überall beziehungsweise kein Urlaub überall."
Brandenburg: Kitas und Schulen bleiben offen
Anders als Berlins Regierender Bürgermeister erwartet Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke vor den Beratungen der Länderchefs mit Merkel schwierige Entscheidungen. "Uns eint der klare Wille, die Pandemie zurückzudrängen, ohne die Menschen dabei über Gebühr zu belasten", sagte der SPD-Politiker.
Woidke zeigte sich dennoch optimistisch, dass es bei den Beratungen mit dem Kanzleramt zu klaren Beschlüssen kommt. "Die konstruktiven Gespräche aller Ministerpräsidenten gestern Abend machen mich zuversichtlich, dass wir morgen mit der Bundesregierung zu einem guten Ergebnis kommen", sagte er. Wichtig sei es, den Menschen für die nächsten Wochen eine gewisse Planungssicherheit zu geben. "Klar ist, dass nicht die Zeit für Lockerungen ist", betonte Woidke erneut. "Entscheidend ist für uns auch, dass Kitas und Schulen offen bleiben."
Saarland: Keine falschen Erwartungen wecken
Derweil geht Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans von der CDU davon aus, dass auch im nächsten Jahr noch strenge Corona-Bestimmungen gelten werden. "Aller Voraussicht nach werden wir bis deutlich ins nächste Jahr mit sehr starken Einschränkungen zu rechnen haben. Darauf muss man die Bevölkerung vorbereiten", sagte er in Saarbrücken. Ihm sei es wichtig, keine falschen Erwartungshaltungen zu wecken und den Menschen nicht vorzumachen, "dass es schneller rum ist als wir im Moment glauben".
Vor den Beratungen der Länderchefs mit Merkel sprach sich Hans für eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen bis zum 20. Dezember aus. Mittlerweile sei klar, dass der November-Lockdown, von dem alle gehofft hätten, dass er für eine große Entlastung sorge, noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht habe. Zwar sei es gelungen, das exponentielle Wachstum zu brechen, die Zahlen bei Neuinfektionen gingen jedoch noch nicht signifikant nach unten. Deshalb sei die Situation nach wie vor "bundesweit ausgesprochen ernst und besorgniserregend", auch wenn das Saarland im bundesweiten Vergleich aktuell sogar besser dastehe.
Hamburg: Kein Kommentar
Zugeknöpft gab sich der Sprecher des Hamburger Senats, Marcel Schweitzer. Es sei verabredet worden, die Vereinbarungen vor der Beratung mit der Bundeskanzlerin nicht öffentlich zu kommentieren. Die Erfahrung zeige zudem, dass die Bundesregierung eine eigene Strategie einbringen werde und einige Länder von den Beschlüssen abweichen werden.
Quelle: ntv.de, mau/dpa