Ansteckungsgefahr in Schulen Schützt Stoßlüften besser als Filtergeräte?
24.11.2020, 09:29 Uhr
Durch Stoßlüften kann in Klassenräumen die Konzentration der Aerosole gesenkt werden.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Verunsicherung von Eltern, Schülern und Lehrern ist groß. Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr in Klassenräumen? Stoßlüften wird immer wieder als Mittel der Wahl genannt. Wie gut das hilft und ob Luftfiltergeräte in Schulen besser sind, untersuchen Forscher.
Laut einer Untersuchung hessischer Wissenschaftler ist das Stoßlüften in Schulen um ein Vielfaches wirksamer als der Einsatz von Luftfiltergeräten. Professor Hans-Martin Seipp und Professor Thomas Steffen von der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) sind laut einer Mitteilung zu diesem Ergebnis gekommen. Die Forscher untersuchten in einem nicht genutzten Klassenzimmer einer Wiesbadener Schule mit 190 Quadratmetern die Wirkung auf zuvor freigesetzte Aerosole. Diese wurde zudem mithilfe eines Ventilators im Raum verteilt. Danach maßen die Forscher die Konzentration der sogenannten lungengängigen Aerosole an verschiedenen Stellen im Raum.
"Als wesentliches Resultat zeigte sich, dass die Stoßöffnung aller Fenster über drei Minuten bei Außentemperaturen von 7 bis 11 Grad Celsius die eingebrachte Konzentration an Aerosolen bis zu 99,8 Prozent senkte", heißt es in der Mitteilung der THM in Gießen zu der Analyse. Damit sei das Stoßlüften um das 10- bis 80-fache wirksamer als der Einsatz von Luftfiltergeräten. Mit vier mobilen Luftfiltergeräten in dem Raum sei nach etwa 30 Minuten eine um 90 Prozent verringerte Konzentration der lungengängigen Aerosole gemessen worden.
Zu laut, zu teuer
Die Wissenschaftler verweisen gleichzeitig darauf, dass vier Geräte in einem Klassenraum eine Lärmbelastung von 54 bis 57 dB erzeugen. Darunter leide nicht nur die Sprachverständlichkeit, es stelle auch eine erhebliche Überschreitung gültiger Grenzen dar. Zudem verweisen die Forscher auf die hohen Kosten durch Anschaffung, Wartung und Dauerbetrieb der Geräte.
Die Forscher untersuchten außerdem, wie sehr sich der Klassenraum durch das Stoßlüften abkühlte. Nach einem kurzen Temperaturverlust von bis zu 6 Grad stabilisierte sich die Raumtemperatur schnell wieder. Nach vier bis sechs Minuten lag die Temperatur nur noch ein Grad unter dem Ausgangswert. Die Forscher gehen davon aus, dass dieser Prozess in einem belebten Raum noch schneller abläuft.
Das Umweltbundesamt hat schon mehrfach davor gewarnt, zu stark auf mobile Luftreiniger zu setzen. Ihr Einsatz in Klassenzimmern sei kein Ersatz für das Lüften, weil sie nicht für die notwendige Zufuhr von Außenluft sorgten, hieß es. Es gebe Fälle, in denen Luftreiniger das Lüften "sinnvoll ergänzen" könnten - nämlich dort, wo Fenster nicht ausreichend geöffnet werden könnten. Luftreiniger könnten aber nicht alle Verunreinigungen aus der Raumluft entfernen.
Quelle: ntv.de, jaz/dpa