Politik

Lafontaine Schuld an SPD-Misere Müntefering rechnet ab

Der Parteichef rechnet ab: Schuld am Niedergang der SPD sei vor allem Lafontaine, der die SPD "aus niederen persönlichen Motiven" verraten und beschädigt habe. Müntefering warnt deshalb davor, nun allzu schnell mit dem Linkspartei-Chef gemeinsame Sache zu machen. Derweil rutscht die SPD in Umfragen ab und liegt nur noch knapp vor der FDP.

Müntefering rechnet ab: Es gibt zwar auch eigene Fehler, aber die Hauptschuld trage Lafontaine, meint der SPD-Chef.

Müntefering rechnet ab: Es gibt zwar auch eigene Fehler, aber die Hauptschuld trage Lafontaine, meint der SPD-Chef.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Der scheidende SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sieht Linken-Chef Oskar Lafontaine als Hauptschuldigen für das Wahldebakel der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl. "Er hat die Partei verlassen, dann verraten und anschließend ganz gezielt gegen uns organisiert", sagte Müntefering der Wochenzeitung "Die Zeit". Lafontaine habe "die linke Mitte in Deutschland beschädigt, aus niederen persönlichen Motiven".

Nach ihrem 23-Prozent-Debakel bei der Bundestagswahl verliert die SPD derweil weiter an Boden. Laut einer Forsa-Umfrage kommen die Sozialdemokraten nur noch auf 20 Prozent (minus 2). Die SPD liegt damit nur wenige Punkte vor der FDP, die nach der Erhebung im Auftrag von "Stern" und RTL auf 16 Prozent (plus 2) steigt. Die übrigen Werte: CDU/CSU 34 Prozent (minus 1), Grüne 11 (plus 1), Linke 13 (unverändert).

Seit der Wahl-Niederlage konnte die SPD aber zahlreiche Neueintritte verbuchen. Allein über das Internet hätten sich 2300 neue Mitglieder angemeldet, teilte eine Parteisprecherin mit. Die Zahl der schriftlichen Anmeldungen aus den Bezirken liegt noch nicht vor.

Linke nicht zu schnell umarmen

Die Linke hätte aus Sicht von Müntefering nie eine Chance gehabt, auch in den Westländern aufzutrumpfen, wenn der ehemalige SPD-Vorsitzende Lafontaine das nicht organisiert hätte. "Da ist viel an Wählerschaft abgezogen, was wir nicht mit vergleichbar populistischen Antworten hätten halten können", sagte er. Er selbst finde die Geschwindigkeit mancher, Lafontaine "nun Signale zu senden, dass man miteinander könnte, armselig".

SPD auf dem Gewissen? Linkspartei-Chef Lafontaine mit Fraktionschef Gregor Gysi.

SPD auf dem Gewissen? Linkspartei-Chef Lafontaine mit Fraktionschef Gregor Gysi.

(Foto: REUTERS)

Dennoch hält der amtierende SPD-Chef ein Linksbündnis im Bund prinzipiell für machbar. "Die Kinder und Enkelkinder der SED müssen in der Demokratie ankommen können", sagte Müntefering. Über Koalitionsoptionen solle die SPD aber erst 2013 entscheiden.

Parteivorsitz 2004 ein Fehler

Müntefering selbst räumte auch eigene Versäumnisse ein. So sei es ein Fehler gewesen, 2004 den Parteivorsitz von Gerhard Schröder übernommen zu haben. "Das hätte ich nicht machen sollen, weil von da an ein Teil der SPD geglaubt hat, Regierung und Partei ließen sich fein säuberlich trennen", sagte er. Müntefering empfahl seiner Partei, sich offensiv zu den vergangenen elf Regierungsjahren zu bekennen.

Zudem merkte Müntefering selbstkritisch an, seine Art des Politikmachens folge dem Motto "Sammeln und führen". "Sammeln ist vielleicht nicht meine Stärke dabei, das will ich nicht bestreiten", sagte Müntefering. "Vielleicht schleppt man die Fahnen manchmal so weit voraus, dass die anderen dich nicht mehr sehen, kann ja sein." Der scheidende SPD-Chef Franz will aber keine öffentliche Debatte über persönliche Versäumnisse oder Fehler führen. "Ich behaupte doch nicht von mir, dass ich ohne Fehl bin. Aber ich halte das für eitle Egozentrik, damit hausieren zu gehen", sagte Müntefering.

Der 69-Jährige wies in der SPD kursierende Spekulationen zurück, er werde auch auf sein Bundestagsmandat verzichten: "Ich bleibe Abgeordneter - und der Partei erhalten. Immer".

Linkspartei reagiert empört

Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, reagierte empört auf die Angriffe gegen Lafontaine. Müntefering habe die SPD "an den Rand des Abgrunds geführt, vielleicht sogar schon einen Schritt weiter", erklärte Ernst in Berlin. Er nannte Müntefering den "Totengräber der SPD". Unter ihm sei aus der Partei der kleinen Leute die Partei von Hartz IV und Rente ab 67 geworden. Zugleich warf er Müntefering vor, die Zusammenarbeit im linken Lager zu behindern. "Solange Leute wie Müntefering und Steinmeier in der SPD etwas zu sagen haben und die SPD auf einen unsozialen Kurs zwingen, kann es auf Bundesebene keine Zusammenarbeit im linken Lager geben", erklärte Ernst.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Ulrich Maurer, erklärte, Münteferings Schuldzuweisungen zeigten "die ganze Kleingeistigkeit und das strategische Unvermögen der SPD-Spitze der letzten Jahre". Müntefering gibt Mitte November sein Parteiamt ab. Der SPD-Vorstand hat den bisherigen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel als neuen Parteichef nominiert.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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