Politik

Neue gesamtdeutsche Verfassung Müntefering steht allein da

Mit seinem Vorstoß für eine neue gesamtdeutsche Verfassung ist SPD-Chef Franz Müntefering isoliert. Union und FDP lehnen ihn rundweg ab, Grüne und Linkspartei reagieren mit Skepsis. "Fast 20 Jahre nach dem Fall der Mauer sollte die SPD nicht Bürger der alten und der neuen Bundesländer gegeneinander ausspielen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU- Fraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), der "Berliner Zeitung". Es sei Unsinn, wenn Müntefering den Ostdeutschen einreden wolle, "sie hätten als Staatsbürger nicht die gleichen Rechte". Bosbach sprach von einer "gefährlichen Debatte".

Für die FDP warnte Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen davor, das Grundgesetz kleinzureden: "Müntefering nähert sich auffällig der Linkspartei an, wenn er die demokratische Willensentscheidung der Ostdeutschen von 1990 in eine Art Annexion durch die Bundesrepublik verfälscht."

"Das muss man aufarbeiten"

Müntefering hatte in der "Bild am Sonntag" die Erarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung vorgeschlagen. Seine Begründung: Bei manchen Ostdeutschen gebe es weiter Skepsis - "nicht gegenüber den Inhalten des Grundgesetzes, aber sie sagen: "Eigentlich war doch vorgesehen, dass es nach der Einheit eine gemeinsam erarbeitete Verfassung gibt, deshalb hat die Bundesrepublik ja nur ein Grundgesetz. Aber Ihr habt uns Euer Grundgesetz einfach übergestülpt, anstatt eine gemeinsame Verfassung zu schaffen." Das muss man aufarbeiten."

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) sprach sich gegen eine grundlegende Verfassungsdebatte zum heutigen Zeitpunkt aus. Für West- wie Ostdeutsche wäre eine solche Debatte nach dem Mauerfall besser gewesen, sagte sie der "Berliner Zeitung". Zugleich betonte Pau: "Wahrscheinlich sähe eine gesamtdeutsche Verfassung gar nicht so viel anders aus als das heutige Grundgesetz." Die Linken-Politikerin forderte, im Grundgesetz Elemente direkter Demokratie wie Volksentscheide zu verankern.

Grünen-Geschäftsführerin Steffi Lemke sagte der Zeitung: "Der Vorschlag zu einer echten gesamtdeutschen Verfassung ist heute so richtig wie vor 20 Jahren." Müntefering mache aber "ein berechtigtes Anliegen von vornherein unglaubwürdig", weil er es erst im Wahlkampf hervorhole, nachdem die SPD seit 2005 keine Grundgesetzreform vorgeschlagen habe.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen