Politik

Der US-Unterhändler in Sachen NSA Murphys schwerer Gang nach Berlin

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(Foto: ASSOCIATED PRESS)

"Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht", die Kanzlerin ist verärgert über die NSA-Spähaffäre. Heute besucht eine Delegation um den US-Senator Chris Murphy Berlin. Kann ein Hinterbänkler das transatlantische Bündnis retten?

Falsche Hoffnungen macht sich Chris Murphy erst gar nicht. "Ich möchte nicht überbewerten, was man in einem zweitägigen Besuch erreichen kann", schrieb der demokratische US-Senator auf seiner Webseite. Er ist der Anführer einer US-Delegation, die seit dem Wochenende in Berlin weilt. An diesem Montag treffen sich Murphy und der Kongressabgeordnete Gregory Meeks, der ihn begleitet, unter anderem mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, Außenminister Guido Westerwelle und Christoph Heusgen, einem Berater von Kanzlerin Angela Merkel. Auch Gespräche mit Thomas Oppermann und Michael Grosse-Brömer, den Fraktionsgeschäftsführern von SPD und Union, sind geplant.

Die Amerikaner kommen in schwieriger Mission. Die Affäre um den Geheimdienst NSA hat Vertrauen zerstört, das transatlantische Bündnis befindet sich in seiner vielleicht schwersten Krise. Murphys Besuch soll ein versöhnliches Zeichen, ein erster Annäherungsversuch sein.

Der junge Senator aus dem Bundesstaat Connecticut ließ im Vorfeld seiner Europa-Reise großes Verständnis für die deutschen Befindlichkeiten erkennen. "Unsere europäischen Verbündeten haben in den vergangenen Monaten legitime Sorgen über Charakter und Ausmaß von US-Geheimdienstprojekten geäußert", sagte er und fügte selbstkritisch hinzu: "Unsere Geheimdienste haben nicht immer die nötige Zurückhaltung walten lassen."

"Wohlwollen wiedergewinnen"

Auf der Agenda des US-Senators: Innenminister Friedrich und Außenminister Westerwelle.

Auf der Agenda des US-Senators: Innenminister Friedrich und Außenminister Westerwelle.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die USA stehen wegen ihrer Spähaktivitäten seit Monaten in der Kritik. Die NSA soll massenhaft E-Mails und Telefonate überwacht haben. Ihre volle Wucht entfalteten die Enthüllungen Ende Oktober, als bekannt wurde, dass über Jahre auch das Handy der Kanzlerin abgehört wurde. "Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht", so lautete die ungewohnt scharfe Reaktion Merkels. Ihr Sprecher Steffen Seibert wählte sogar die höchste diplomatische Eskalationsstufe, als er von einem "gravierenden Vertrauensbruch" sprach. Die US-Regierung gab daraufhin zwar bekannt, die Vorwürfe zu untersuchen. Doch eine offizielle Entschuldigung, etwa durch Präsident Barack Obama, gab es bisher immer noch nicht.

Murphy will dazu beitragen, dass sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten wieder verbessern. "Meine Hoffnung ist es, ein Stück des Wohlwollens wiederzugewinnen, das in den vergangenen Wochen verloren gegangen ist". Gleichzeitig will der US-Politiker jedoch auch Missverständnisse aufklären, die zuletzt entstanden sind. Dass die Vereinigten Staaten europäische Bürger pauschal überwachen würden, sei nicht wahr: Die Angst, dass "die USA täglich bei ihren Gespräche mithören, entspricht nicht der Realität".

Was wird aus "No-Spy"?

Im Mittelpunkt des Treffens sollen Fragen verbesserter Geheimdienstkontrolle und die Regulierung der transatlantischen Geheimdienstkontrolle stehen. Murphy will jedoch auch um Verständnis für die US-Abhörprogramme werben. "Ich gehe nach Europa, um klarzumachen, dass wir weiterhin gemeinsam gegen den Terrorismus kämpfen müssen, trotz des Ärgers über die NSA-Programme."

Und doch hat der Besuch wohl weniger Schlagkraft, als es auf den ersten Blick scheint. Denn tatsächlich kommt mit Murphy nicht gerade ein Schwergewicht der US-Politik nach Deutschland, sondern ein Hinterbänkler. Der 40-jährige "Junior Senator" sitzt erst seit 2012 im Senat und absolviert seine erste Legislaturperiode, ist zudem der jüngste Senator. Zwar ist der studierte Jurist Vorsitzender des Europa-Ausschuss des Senats, als seine Schwerpunkte gelten jedoch Familien- und Gesundheitspolitik. Auch in US-Medien spielte sein Berlin-Besuch kaum eine Rolle.

Für die Bundesregierung könnte der Auftritt Murphy-Delegation zumindest ein bisschen Balsam für die geschundene Seele sein. Ob Murphy vielleicht als Vorhut für einen späteren Besuch von US-Außenminister John Kerry agiert, lässt sich nur spekulieren. Von deutscher Seite wird es in den Gesprächen sicherlich auch um das geforderte "No-Spy"-Abkommen gehen. Die Bundesregierung strebt eine Regelung an, wonach das gegenseitige Ausspähen künftig verboten sein soll. Gespräche mit den Amerikanern gab es bereits, als eine deutsche Delegation vor einigen Wochen in die USA reiste. Dass Murphy feste Zusagen mit nach Berlin gebracht hat, gilt aber als unwahrscheinlich. So viel ist bei einem so kurzen Besuch dann wohl doch nicht zu erwarten.

Quelle: ntv.de

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