Machtwechsel in Kairo Mursi setzt auf Versöhnung
13.08.2012, 07:31 Uhr
Tausende Anhänger feierten Mursis Vorstoß.
(Foto: REUTERS)
Ist es das Ergebnis eines harten Machtkampfes? Oder das Resultat eines politischen Geschäfts? Sicher ist: Nachdem der Präsident Ägyptens die Führungsspitze der Armee entlassen und eine Reihe von Sonderrechten des Militärs gestrichen hat, setzt er auf eine besänftigende Rhetorik.
Ägyptens Präsident Mohammed Mursi wagt einen Machtwechsel: In einer überraschenden Wendung hat er die Führer der mächtigen Armee entlassen und die Verfassungszusätze außer Kraft gesetzt, die . Unklar blieb zunächst, ob ein harter Machtkampf oder ein politisches Geschäft mit dem Militär hinter den Veränderungen stand. Offensichtlich setzt Mursi jetzt aber auf einen versöhnlichen Kurs.
Kurz nach seinem Vorstoß würdigte der Islamist in einer Rede die Bedeutung der Armee. Er habe mit seinen Entscheidungen die Streitkräfte nicht "ins Abseits drängen" wollen, sagte Mursi. Er wolle für die Armee "nur das Beste", dass sie sich ihrer Aufgabe widme: "dem Schutz der Nation". Mit seinen Entscheidungen, die Armeespitze zu erneuern habe er niemanden an den Rand drängen oder "ungerecht" behandeln wollen, sondern "mit einer neuen Generation" in eine "bessere Zukunft" aufbrechen wollen, so Mursi.
Tausende Anhänger des Präsidenten feierten in Kairo Mursis Schritt. "Das Volk unterstützt die Entscheidung des Präsidenten", rief die Menge auf dem Tahrir-Platz.
Mursi hatte am Sonntagabend Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi sowie Generalstabschef Sami Anan ihrer Funktionen enthoben. Ungewiss war zunächst ob Tantawi, der bisher auch Chef des Militärrats war, auch dieses besonders einflussreiche Amt aufgeben musste. Offiziell traten Tantawi und Anan jetzt aber lediglich den Titel des "Präsidentenberater".
Darüber hinaus erklärte Mursi die Verfassungszusätze für nichtig, die der damals regierende Militärrat kurz vor der Erklärung Mursis zum Sieger der Präsidentenwahl im Juni erlassen hatte. Die Verfassungszusätze hatten die Macht des Staatsoberhauptes zugunsten des Militärs deutlich eingeschränkt. Der Oberste Militärrat hatte sich darin unter anderem das Gesetzgebungs- und Budgetrecht vorbehalten.
Führung der Militärpolizei und des Geheimdienstes geschasst
Außerdem ernannte Mursi zum ersten Mal seit seiner Amtseinführung Ende Juni mit Mahmud Mekki einen Vizepräsidenten. Der Richter Mekki hatte sich als Kritiker des Systems des 2011 entmachteten Langzeitpräsidenten Husni Mubarak einen Namen gemacht.
Mursi hatte die Präsidentenwahl im Juni als Kandidat der islamistischen Muslimbruderschaft gewonnen. legte er formell seine Mitgliedschaft in der Islamistenbewegung und der ihr angeschlossenen Partei Freiheit und Gerechtigkeit nieder.
Die ersten Wochen seiner Präsidentschaft waren von starken Spannungen mit dem Militärrat gekennzeichnet. Das Gremium hatte nach dem Sturz Mubaraks im Februar 2011 die Macht in Ägypten übernommen und seitdem immer wieder bestimmend in das politische Geschehen eingegriffen.
Bereits nach den ersten Angriffen von Extremisten auf ägyptische Militärposten auf der Halbinsel Sinai hatte Mursi personelle Konsequenzen im Sicherheitsapparat gezogen. Er hatte den Geheimdienstchef Murad Mufawi und den Gouverneur der Provinz Nord-Sinai, Abdel Wahab Mabruk entlassen. Auch der Oberbefehlshaber der Militärpolizei, Hamdi Badin, verlor seinen Posten.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa/AFP