Politik

Ägypten vor TV-Ansprache Mursi wendet sich ans Volk

Mohammed Mursi weist die Kritik von sich.

Mohammed Mursi weist die Kritik von sich.

(Foto: AP)

Vieles erinnert an den Sturz von Husni Mubarak: Auf Kairos Tahrir-Platz stehen wieder Dutzende Protestzelte, Tausende Menschen demonstrieren gegen Mohammed Mursi und dessen Verfassungsdekrete. Der Präsident will die Stimmung nun drehen.

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi wird sich nach den gewaltsamen Protesten der vergangenen Tage offenbar direkt an das Volk wenden. Ein Vertrauter des P räsidenten sagte, Mursi wolle am Abend eine Fernsehansprache halten. Themen seien sein umstrittenes Verfassungsdekret, warum es erlassen wurde und die nachfolgende Gewalt.

Auch gegenüber dem US-Magazin "Time" verteidigte Mursi die Schritte. Er betonte, seine neuen Befugnisse seien nur vorübergehend. "Wenn wir eine Verfassung haben, wird alles enden, was ich gesagt und getan habe vergangene Woche", sagte Mursi. "Meine Hauptaufgabe ist es, das nationale Schiff während dieser Übergangsperiode am Schwimmen zu halten. Das ist nicht einfach."

Mursi gibt sich rechtschaffen

Der aus der islamistischen Muslimbruderschaft hervorgegangene Präsident sagte, Ägypten sei noch in einer Lernphase. "Wir lernen frei zu sein. Wir haben das niemals gekannt. Wir lernen zu diskutieren", sagte Mursi. Die Straßenproteste gegen seine Entscheidung wertete er als Zeichen einer demokratischen Entwicklung. Trotz aller Probleme seien die Ägypter entschlossen, weiter auf dem Weg von Freiheit und Demokratie voranzuschreiten, so Mursi.

Auf dem Kairoer Tahrir-Platz protestieren die Menschen weiterhin gegen die Verfassungsdekrete.

Auf dem Kairoer Tahrir-Platz protestieren die Menschen weiterhin gegen die Verfassungsdekrete.

(Foto: REUTERS)

Mursi sagte, dass ihm die durch den Erlass der umstrittenen Verfassungserklärung ausgelöste Krise auch persönlich zu schaffen mache. "Die Weltbühne ist sehr schwierig. Es ist nicht einfach, auf der Weltbühne zu sein." Auf Kritik angesprochen, dass er sich durch die weitere Stärkung seiner ohnehin weitreichenden Befugnisse zu einem "neuen Pharao" entwickele, sagte Mursi ungläubig: "Kann ich das? Ich habe persönlich gelitten."

Nach Darstellung von Mursis Anhängern war seine Verfassungserklärung, mit der er seine Entscheidungen der Prüfung und Aufhebung durch die Justiz entzog und auch eine gerichtliche Auflösung der umstrittenen Verfassungsversammlung verbot, notwendig, um eine Blockade des Übergangsprozesses durch die politisierte Justiz zu verhindern. Die Opposition und die Justiz sehen darin jedoch einen weiteren Schritt, die Vormacht der Islamisten zu zementieren.

Proteste auf Tahrir-Platz halten an

Der Generalsekretär der Verfassungsversammlung, Ahmed Darrag, kündigte eine Abstimmung über den Verfassungsentwurf an. Der Vorsitzende der Versammlung, Hossam al-Gheriani, rief die koptischen und liberalen Mitglieder, die aus Protest gegen die Dominanz der Islamisten das Gremium verlassen hatten, zur Rückkehr auf. Das Verfassungsgericht kündigte an, trotz des Verbots Mursis wie geplant über die Rechtmäßigkeit der Versammlung entscheiden zu wollen.

Heba Morayef von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sagte, angesichts der aktuellen "extremen Spaltung" des Landes sei es der falsche Moment, die neue Verfassung durchzudrücken. Sie äußerte sich "sehr besorgt" über gewisse Bestimmungen des Entwurfs. Die Opposition kritisiert neben der oft vagen und teils unklaren Sprache des Textes, die zu große Machtfülle des Präsidenten und die zahlreichen Verweise auf das islamische Recht der Scharia, durch die die Frauen- und Bürgerrechte untergraben werden könnten.

Der Druck auf Mursi zum Verzicht auf seine Machtausweitung nimmt weiter zu. Dem seit Sonntag andauernden Streik der Richter schlossen sich auch die Richter des Revisionsgerichts an. Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo und in anderen Städten des Landes kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP

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