Ausnahmezustand Musharraf beugt vor
03.11.2007, 14:31 UhrDer pakistanische Militärmachthaber Pervez Musharraf hat wenige Tage vor einer Gerichtsentscheidung über seine Zukunft als Präsident den Ausnahmezustand verhängt. Musharraf habe die Verfassung zeitweise außer Kraft gesetzt, meldete das staatliche Fernsehen. Polizeieinheiten blockierten den Zugang zum Obersten Gerichtshof, die Übertragung privater Nachrichtensender wurde gestoppt. In der Hauptstadt Islamabad wurden die Telefonverbindungen gekappt.
In der Erklärung des Präsidenten hieß es, einige Mitglieder der Justiz schwächten die Entschlossenheit der Regierung, den Terrorismus zu bekämpfen. Die Verhängung des Ausnahmezustands sei auf einer außerordentlichen Sitzung beschlossen worden, an der auch mehrere Kabinettsmitglieder teilgenommen hätten, erklärte ein führendes Mitglied der Regierungspartei.
Ein Grund für die Verhängung des Ausnahmezustands wurde nicht genannt. Allerdings wurde bereits seit Wochen spekuliert, dass der Staatschef angesichts der angespannten Sicherheitslage im Land den Ausnahmezustand oder das Kriegsrecht verhängen könnte.
Der Oberste Gerichtshof will am Dienstag darüber entscheiden, ob Musharraf bei der Präsidentenwahl Anfang Oktober überhaupt für eine weitere Amtszeit kandidieren durfte. Musharraf setzte nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens den bisherigen Gerichtspräsidenten Iftikhar Mohammed Chaudhry ab, den er bereits im Frühjahr vergeblich abzulösen versuchte. Als neuen Vorsitzenden vereidigte er demnach den Richter Abdul Hameed Dogar. Die versuchte Entlassung Chaudhrys Anfang des Jahres hatte zu Protesten gegen Musharrafs Herrschaft geführt.
Musharraf, der sich 1999 an die Macht putschte, ist zugleich Chef der Streitkräfte. Er hat die Präsidentenwahl klar gewonnen, die Opposition reichte jedoch gegen seine Kandidatur Klage ein. Sieben Mitglieder des Obersten Gerichtshofs wiesen die Verhängung des Ausnahmezustands zurück, wie der private Fernsehsender Geo berichtete. Auch die oppositionelle Partei des früheren Ministerpräsidenten Nawaz Sharif verurteilte die Entscheidung. Die Bevölkerung werde gegen diese verfassungswidrige Maßnahme Widerstand leisten, sagte ein Sprecher.
Die frühere Regierungschefin Benazir Bhutto kehrte angesichts der Entwicklungen von Dubai nach Pakistan zurück. Ihre Maschine landete am Abend in Karachi. Anschließend verließ sie nach Augenzeugenberichten in einem Auto, das von Polizei eskortiert wurde, den Flughafen. Ihr Haus in Karachi ist laut Angaben von Augenzeugen von etwa 100 Polizeikräften umstellt.
Musharrafs Autorität wurde in den vergangenen Tagen zunehmend von Extremisten im Nordwesten des Landes untergraben. In der Region Swat rund 130 Kilometer von Islamabad entfernt versucht ein Taliban-treuer Geistlicher islamisches Recht durchzusetzen und hat zum Dschihad gegen die Regierung aufgerufen. Islamabad stationierte in der Gegend zusätzliche 2.500 Soldaten, insgesamt sind dort nach Regierungsangaben seit der vergangenen Woche bereits 180 Menschen getötet worden.
Die USA und Großbritannien, die wichtigsten westlichen Verbündeten Pakistans, zeigten sich besorgt über die Verhängung des Ausnahmezustands und forderten eine schnelle Rückkehr zur Demokratie. Auch das Nachbarland Indien äußerte sich besorgt.
Quelle: ntv.de