Material für die Sauerland-Gruppe Mutmaßlicher Terrorhelfer gesteht
20.01.2010, 16:37 UhrDer Prozess gegen den mutmaßlichen Terrorhelfer Kadir T. vor dem Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) hat mit einem umfassenden Geständnis des Angeklagten begonnen. Der 24 Jahre alte Deutsch-Türke aus Langen in Südhessen räumte ein, für die Terrorgruppe Islamische Dschihad Union (IJU) im Juli 2007 über das Internet eine Mini-Digital-Videokamera und ein Nachtsichtgerät beschafft und die Gegenstände an den mutmaßlichen Terroristen Adem Yilmaz weitergegeben zu haben.
Yilmaz muss sich als Mitglied der sogenannten Sauerland-Gruppe in Düsseldorf vor Gericht verantworten. Er soll die Gegenstände der usbekischen IJU zur Verfügung gestellt haben, die im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet operiert und dort Ausbildungslager unterhält.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht stellte unterdessen das Terrorverfahren gegen die Sauerland-Gruppe teilweise ein. Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer inländischen Terrorvereinigung werde nicht weiter verfolgt, beschloss das Gericht unter Vorsitz von Richter Ottmar Breidling. Die Bundesanwaltschaft hatte dem zugestimmt. Dies werde am Strafmaß aber kaum etwas ändern, sagte Bundesanwalt Volker Brinkmann. Die Teil-Einstellung sei auch ein Entgegenkommen für die Geständnisse der vier Angeklagten, sagte der Ankläger.
"Das ist doch kein Islam"
Der Angeklagte im Frankfurter Prozess, Sohn eines Türken und einer Deutschen, berichtete vor Gericht, dass er den Bruder von Adem Yilmaz, Burhan, schon seit seinen Kindertagen gekannt habe. Burhan ist ebenfalls in Düsseldorf als Terrorhelfer angeklagt. Mit Adem sei er erst als Erwachsener in Kontakt gekommen. Zum Islam habe er als Kind keinen besonderen Bezug gehabt. Das habe sich erst geändert, als ein Onkel ihm Islamunterricht gab. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 habe er gedacht: "Das ist doch kein Islam."

Die Angeklagten in Düsseldorf (vr): Daniel Schneider, Atilla Selek, Fritz Gelowicz und Adem Yilmaz.
(Foto: dpa)
Vom Frühjahr 2007 an habe er an Treffen mit anderen Muslimen im Garten von Adem Yilmaz teilgenommen, berichtete der Angeklagte. Dort sei es um den Koran, aber auch den von islamistischen Muslimen propagierten Dschihad (Heiliger Krieg) gegangen. Der 24-Jährige sagte, für ihn sei der Dschihad "Pflicht" für die Muslime gewesen. In der Untersuchungshaft habe er sich vom Dschihad abgewandt. Aufgrund der Aussagebereitschaft des Angeklagten haben sich das OLG, die Bundesanwaltschaft als Anklagebehörde und die Verteidigerin von Kadir T. auf eine Bewährungsstrafe verständigt.
Keine eigenständige Terrorvereinigung
Die Verteidiger der Sauerland-Gruppe zeigten sich in Düsseldorf über die Teileinstellung erfreut. "Damit ist für meinen Mandanten auch der Vorwurf der Rädelsführerschaft vom Tisch", sagte der Anwalt von Fritz Gelowicz, Dirk Uden. Mit der Teil-Einstellung sei das Gericht auf Hinweise des Bundesgerichtshofes eingegangen. Der BGH habe in Haftprüfungsterminen Zweifel daran geäußert, dass die Sauerland-Gruppe eine eigenständige Terrorvereinigung gewesen sei.
Den vier Angeklagten wird neben der Vorbereitung von schweren Bombenanschlägen in Deutschland weiterhin die Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung vorgeworfen. Sie handelten im Auftrag der Islamischen Dschihad Union (IJU) und waren in deren Lager im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet ausgebildet worden.
Anklage wegen versuchten Mordes

Am 3. Februar soll die Bundesanwaltschaft mit den Plädoyers im Düsseldorfer Terrorprozess beginnen. Das Urteil wird für den 4. März erwartet.
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Bundesanwalt Brinkmann appellierte an den Angeklagten Daniel Schneider, auch den Vorwurf der versuchten Tötung eines Polizisten zu gestehen. Dieser Anklagevorwurf habe sich in der Hauptverhandlung erhärtet. Bei der Festnahme hatte Schneider einem Polizisten die Dienstwaffe aus dem Holster gerissen, dann fiel ein Schuss, der ins Leere ging. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft hat Schneider versucht, den Beamten zu erschießen. Er ist deshalb als einziger auch wegen versuchten Mordes angeklagt.
Seine Verteidiger argumentierten, dass ein Reflex den Schuss ausgelöst haben könnte. Dazu will das Gericht nun den psychiatrischen Sachverständigen erneut hören. Die Gruppe war nach monatelanger Beobachtung durch die Polizei im Herbst 2007 im sauerländischen Oberschledorn festgenommen worden. Bei ihnen entdeckten die Ermittler mehr als 700 Liter Wasserstoff-Peroxid, die zum Bau von Bomben mit einer Sprengkraft von mehr als 400 Kilogramm TNT vorgesehen waren.
Quelle: ntv.de, dpa