Politik

Gefechte in Adschdabija NATO erwartet längeren Kampf

Ein Soldat der Rebellen wacht über die Freitagsgebete in Bengasi.

Ein Soldat der Rebellen wacht über die Freitagsgebete in Bengasi.

(Foto: dpa)

Die NATO übernimmt die Führung des Libyen-Einsatzes in den kommenden Tagen. Frankreich macht allerdings deutlich, dass es nicht bereit ist, die politische Führung aus der Hand zu geben. In Libyen konzentrieren sich die Kämpfe unterdessen auf die strategisch wichtige Küstenstadt Adschdabija, in die auch westliche Flugzeuge eingriffen.

Die NATO rechnet nicht mit einem schnellen Ende der Kämpfe in Libyen und stellt sich auf einen 90-tägigen Einsatz zur Aufrechterhaltung der Flugverbotszone ein. Der Militäreinsatz könnte auch länger oder kürzer dauern, sagte ein Vertreter des Bündnisses in Brüssel.

Nach Angaben einer Sprecherin will die NATO in den kommenden Tagen über eine Ausweitung des Einsatzes entscheiden. Das Bündnis würde dann neben der Durchsetzung der Flugverbotszone auch das Kommando über Luftangriffe auf Bodentruppen übernehmen. Den Oberbefehl soll der Kanadier Charles Bouchard übernehmen. Der Generalleutnant war bislang Vize des NATO-Hauptkommandos in Neapel, das für den gesamten Mittelmeerraum verantwortlich ist.

Sarkozy hält NATO-Rolle klein

Die politische Führung des Einsatzes will Sarkozy nicht aus der Hand geben.

Die politische Führung des Einsatzes will Sarkozy nicht aus der Hand geben.

(Foto: AP)

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy machte deutlich, dass er nicht gewillt ist, die politische Führung des Militäreinsatzes aus der Hand zu geben. Die Maschinerie der NATO werde künftig zwar genutzt, die politische Koordination bleibe aber auf höchster Ebene bei den elf am Einsatz beteiligten Staaten angesiedelt, erklärte Sarkozy nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Schließlich engagierten sich auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar, die nicht von der NATO kommandiert werden könnten, argumentierte er.

Frankreich hat für Dienstag ein Treffen dieser Staaten in London angekündigt. Sarkozy will dann mit dem britischen Premierminister David Cameron eine politische Initiative vorbereiten. Der Konflikt sei nicht rein militärisch zu lösen, sagte Sarkozy. Auch Deutschland wird an dem Treffen teilnehmen.

Sarkozy äußerte Verständnis für die Haltung Deutschlands zum Libyen-Einsatz. Deutschland sei aufgrund seiner Geschichte sensibel und nicht spontan zu militärischen Aktionen bereit. Er sei jedoch froh, dass es mit Deutschland Einigkeit über die politische Position zu Libyen gebe. Tatsächlich hat der Libyen-Einsatz die Regierungen von Deutschland und Frankreich jedoch entzweit.

Katar beginnt Flüge über Libyen

In Bengasi verbrennt ein Demonstrant ein Exemplar des "Grünen Buchs" von Gaddafi.

In Bengasi verbrennt ein Demonstrant ein Exemplar des "Grünen Buchs" von Gaddafi.

(Foto: REUTERS)

Als erstes arabisches Land stieg Katar aktiv in den Militäreinsatz in Libyen ein. Wie die katarische Armee erklärte, überflogen mehrere ihrer Kampfflugzeuge das nordafrikanische Land. Dies sei im Zuge der "Teilnahme an der internationalen Koalition" erfolgt, hieß es in der kurzen Erklärung nach Angaben der Nachrichtenagentur QNA. Angaben über den genauen Zeitpunkt sowie die Zahl der an dem Einsatz beteiligten Flugzeuge machte das Militär nicht.

Neben Katar hatten auch die Vereinigten Arabischen Emirate angekündigt, sich mit zwölf Kampfflugzeugen an dem Einsatz auf der Grundlage einer UN-Resolution zu beteiligen. Das Außenministerium in Abu Dhabi erklärte, der Einsatz werde "in den kommenden Tagen" beginnen.

Schwere Gefechte in Adschdabija

Aufständische auf der Straße zwischen Bengasi und Adschdabija.

Aufständische auf der Straße zwischen Bengasi und Adschdabija.

(Foto: REUTERS)

In Adschdabija lieferten sich Rebellen und Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafis schwere Artillerie-Gefechte. Von der Stadt aus wird die Küstenstraße beherrscht, auf der noch vor Wochenfrist die Regierungstruppen in Richtung der Rebellenhochburg Bengasi vorgerückt waren. Nun drängen die Aufständischen die Soldaten des Machthabers zurück und wollen auf die Hauptstadt Tripolis marschieren, dem Sitz Gaddafis. Westliche Flugzeuge griffen am Freitag und in der Nacht zuvor Stellungen der Regierungstruppen an.

Der Sprecher der Rebellen, Mustafa Gheriani, sagte, er rechne mit der Einnahme von Adschdabija entweder noch am Freitag oder am Samstag. Die Luftschläge würden die gegnerischen Kräfte schwächen, vor allem aber ihre Kampfmoral. Auch aus Tripolis berichteten Einwohner von einem nächtlichen Angriff.

"Gaddafi-Soldaten verschleppen Zivilisten"

In der von Gaddafi-Truppen zurückeroberten Rebellen-Enklave Sawija nahe Tripolis führten nach Worten eines Aufständischen Soldaten wahllos Männer unter 50 bis 60 Jahren ab. "Tausende sind verschwunden, seit sie die Stadt eingenommen haben", sagte ein Rebellensprecher der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Bestätigung für diese Angaben gab es nicht.

Rauch steigt auf über einer libyschen Militärbasis nahe Tadschura.

Rauch steigt auf über einer libyschen Militärbasis nahe Tadschura.

(Foto: AP)

Nach Berichten libyscher Staatsmedien wurde am Donnerstag eine nicht näher genannte Zahl von Menschen bei Luftangriffen auf die Stadt Tadschura bei Tripolis getötet. Laut Oppositionsmedien handelte es sich bei den Toten hingegen um Regimegegner, die von regimetreuen Milizen ermordet worden seien. Tadschura war vor Wochen ein Brennpunkt der Proteste gegen das Regime von Oberst Gaddafi gewesen. Die Sicherheitskräfte hatten die Proteste mit Waffengewalt unterdrückt.

Deutschland hält sich Tür offen

Die Bundesregierung hält sich einen künftigen Militäreinsatz zur Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen oder bei humanitären Aktionen offen. "Wir machen keine Türen zu, sondern behalten die uns auf", sagte der Sprecher von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), Stefan Paris. Konkrete Schritte seien aber noch nicht eingeleitet. Deutschland beobachte sehr intensiv die weitere Entwicklung in Libyen. Notwendig wäre hierfür ein neues Bundestagsmandat.

In Berliner Regierungskreisen hieß es: "Es wäre äußerst unklug, sich sämtliche Handlungsoptionen zu versperren." Zunächst müsse aber abgewartet werden, wie sich die Lage in Libyen entwickele. Denkbar sei beispielsweise ein Bundeswehreinsatz nach einem Ende der Waffengewalt oder nach einer Ablösung des Regimes von Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi. Außerdem sei eine humanitäre Mission deutscher Fregatten zwischen zwei libyschen Häfen denkbar, hieß es weiter.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa/rts

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