Pakistan empört, USA wollen reden NATO räumt tödlichen Angriff ein
27.11.2011, 12:26 Uhr
Die Soldaten wurden bereits beigesetzt.
(Foto: AP)
NATO-Generalsekretär Rasmussen gibt zu, dass das Militärbündnis für den Tod von mindestens 24 pakistanischen Soldaten verantwortlich ist. Pakistan spricht von völliger "Geringschätzung von Menschenleben und Völkerrecht" und setzt den USA eine Frist. Die NATO untersucht den Fall. Die Vereinigten Staaten sprechen ihr Beileid aus und wollen reden.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat den Angriff von NATO-Kampfhubschraubern auf einen pakistanischen Militärposten mit 24 Toten als "tragischen, unbeabsichtigten Zwischenfall" bedauert. Damit gab Rasmussen zu, dass das Militärbündnis für den Zwischenfall an der Grenze zu Afghanistan verantwortlich war. Bei dem Luftangriff wurden mindestens 24 Pakistaner getötet, andere offizielle Quellen sprachen von 26 Toten. Rasmussen versicherte, die Untersuchung des Falls zu unterstützen, und sprach den Familien der getöteten pakistanischen Soldaten sein "tiefstes Beileid" aus.
"Ich habe in einem Brief an den Premierminister Pakistans geschrieben, dass der Tod von pakistanischen Kräften genauso unakzeptabel und bedauernswert ist wie der Tod von Afghanen oder internationalem Personal", schreibt der NATO-Generalsekretär in der Stellungnahme. Die Untersuchung des Falls werde zeigen, was passiert sei. "Wir werden daraus die richtigen Lehren ziehen."
Rasmussen sicherte Pakistan zu, eine intensive Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus fortzusetzen. "Wir haben ein gemeinsames Interesse im Kampf gegen grenzüberschreitenden Terrorismus, um sicherzustellen, dass Afghanistan nicht wieder ein sicherer Hafen für Terroristen wird. Die NATO und Pakistan teilen ein gemeinsames Ziel: ein stabiles Afghanistan in einer friedlichen Region."
"Geringschätzung von Völkerrecht"
Pakistans Außenminister Hina Rabbani Kahr habe seiner US-Amtskollegin Hillary Clinton mitgeteilt, der Angriff habe die Fortschritte in der Verbesserung der Beziehungen zwischen Washington und Islamabad "zunichtegemacht", erklärte das pakistanische Außenministerium. Der Angriff habe Pakistans Souveränität verletzt und zeige eine "völlige Geringschätzung von Menschenleben und Völkerrecht", sagte der Minister. Pakistan sei nun gezwungen, die Bedingungen für die Zusammenarbeit mit den USA zu überdenken.
Begleitet von wütenden Protesten wurden die getöteten Soldaten beigesetzt. Die mit grün-weißen Nationalflaggen geschmückten Särge waren zuvor im regionalen Hauptquartier der Streitkräfte im Nordwesten des Landes für eine Trauerfeier aufgestellt worden. In der Region demonstrierten Hunderte Mitglieder einer einflussreichen islamischen Partei mit dem Ruf "Nieder mit Amerika" gegen die USA. Sie riefen in Sprechchören auch zum Heiligen Krieg gegen die Vereinigten Staaten auf.
Clinton und Verteidigungsminister Leon Panetta sprachen der pakistanischen Regierung ihr "tiefstes Beileid" aus. Die beiden Minister hätten ihre "volle Unterstützung" für eine "sofortige Untersuchung" des Vorfalls durch die NATO zugesichert, hieß es in einer Erklärung.
Islamabad die USA zur Räumung eines Luftwaffenstützpunkts aufgefordert. Die US-Streitkräfte sollten die Basis in Shamsi im Südwesten des Landes innerhalb von 15 Tagen räumen, bestätigte das pakistanische Außenministerium am Sonntag. Von dem Fliegerhorst starten auch US-Drohnen.
Clinton, der US-Kommandeur in Afghanistan, General John Allen, und Generalstabschef Martin Dempsey riefen indes ihre Kollegen in Pakistan auf, gemeinsam über die Lage zu beraten. Der pakistanische Ministerpräsident Yousuf Raza Gilani ließ nach einer Sondersitzung mit Regierungs- und Militärvertretern mitteilen, dass alle "diplomatischen, politischen, militärischen und geheimdienstlichen" Programme, Aktivitäten und Absprachen mit den USA und der NATO überprüft werden sollten.
NATO will Vorfall untersuchen
Der betroffene Stützpunkt liegt in einem Gebiet nahe der Grenze zu , das die Taliban als Rückzugsraum nutzen. Es handelt sich um den tödlichsten Vorfall dieser Art auf pakistanischer Seite seit dem Beginn des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan vor zehn Jahren.
Von Seiten des pakistanischen Militärs hieß es, es habe sich um einen "unprovozierten und wahllosen Beschuss" gehandelt, bei dem es Opfer gegeben habe. Die Regierung der Nachbarprovinz Khyber Pakhtunkhwa nannte die Attacke über die Staatsgrenze zwischen Afghanistan und Pakistan hinweg "inakzeptabel und nicht zu tolerieren".
Nach dem Angriff stoppte die pakistanische Regierung die Nachschublieferungen für die NATO nach Afghanistan. Die Beziehungen zwischen den Regierungen in Islamabad und Washington sind seit der Tötung des Al-Kaida-Chefs in Pakistan besonders angespannt. Die USA fliegen immer wieder auf Aufständische im Nordwesten Pakistans.
Quelle: ntv.de, rpe/rts/dpa/AFP