Mit vereinten Kräften gegen Gaddafi NATO und EU stimmen sich ab
15.04.2011, 15:41 UhrIm Kampf gegen Libyens Machthaber Gaddafi wollen NATO und EU eng kooperieren. "In Kürze" wird es ein Treffen geben, auf dem die Militäreinsätze koordiniert werden sollen. Ein Konzept für das EU-Engagement steht bereits, auch Deutschland könnte dann Soldaten entsenden.

Die NATO-Außenminister bei ihrem Treffen in Berlin.
(Foto: dpa)
Der Libyenkonflikt bringt NATO und EU erstmals an einen Tisch. Mit vereinten Kräften wollen beide Organisationen den Druck auf den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi erhöhen. Deswegen sollen sich Botschafter der insgesamt 34 Staaten "in Kürze" in Brüssel treffen. Darauf verständigten sich die NATO-Außenminister bei ihrem Treffen in Berlin. Den Weg dafür machte die Türkei frei, die sich erstmals zu Beratungen mit dem EU-Mitglied Zypern in einem solchen Rahmen bereit erklärte.
Die Europäische Union hat den Weg für ein militärisches Engagement bereits geebnet und ein Einsatzkonzept zum Schutz humanitärer Hilfe in Libyen beschlossen. Die offizielle Entscheidung für den ersten konkreten Planungsschritt einer solchen Mission fiel am Donnerstagabend, nachdem Schweden als letztes EU-Land seine Zustimmung gegeben hatte. Als nächsten Schritt müssen die EU-Staaten nun einen sogenannten Operationsplan für den Einsatz ausarbeiten, der dann wiederum von den Mitgliedsstaaten beschlossen werden muss.
Voraussetzung für eine Militärmission in Libyen unter Flagge der Europäischen Union ist jedoch eine Anfrage des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA), die bislang nicht vorliegt. Die EU-Truppen könnten etwa Schiffe begleiten, die Hilfsgüter beispielsweise in die von Truppen des libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi belagerte Hafenstadt Misrata begleiten. Gaddafis Regierung hatte zu Wochenbeginn heftigen Widerstand gegen "jede Annäherung an libysches Territorium unter dem Vorwand humanitärer Hilfe" angekündigt.
Deutschland zu humanitärem Einsatz bereit

Westerwelle unterstreicht die Wirksamkeit von Sanktionen gegen Gaddafi.
Anders als beim NATO-Militäreinsatz würde sich die Bundeswehr nach den Worten von Bundesaußenminister Guido Westerwelle an einer EU-Militärmission in Libyen beteiligen. Dennoch solle der Druck auf Gaddafi auch über Sanktionen aufrecht erhalten werden, mahnte der FDP-Politiker. Aus deutscher Sicht zeigten die Strafmaßnahmen "mehr und mehr Wirkung", erklärte er. "Wenn wir darüber reden, dass der Kampf für Freiheit einen langen Atem braucht, so ist es wichtig, dass die Sanktionen umfassend gelten."
Die NATO-Außenminister hatten sich bereits zum Auftakt der zweitägigen NATO-Konferenz mit dem Libyenkonflikt befasst und Gaddafi erstmals klare Bedingungen für ein Ende des internationalen Militäreinsatzes gestellt: Keine Angriffe mehr auf Zivilisten, weitgehender Rückzug seiner Soldaten in die Kasernen und ungehinderter Zugang der Bevölkerung zu humanitären Hilfsleistungen.
Westen will Gaddafi stürzen
Der Westen lässt mittlerweile allerdings keine Zweifel mehr daran, dass ein Ende des Militäreinsatzes erst mit dem Ende des Regimes Gaddafi erreicht werden kann. US-Präsident Barack Obama, sein französischer Kollege Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister David Cameron erklärten, alles andere wäre ein "unverschämter Verrat" am Rest der Welt. Laut Paris geht die Koalition dafür auch über die Vorgaben der Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Libyen hinaus.
In einem gemeinsamen Artikel für vier große internationale Zeitungen schreiben Obama, Sarkozy und Cameron, eine Zukunft Libyens mit Gaddafi sei "unvorstellbar". "Es ist undenkbar, dass jemand, der sein Volk massakrieren wollte, in der künftigen Regierung Libyens eine Rolle spielt." Es gehe nicht darum, Gaddafi mit Gewalt zu vertreiben. Die NATO und deren Partner beim militärischen Vorgehen gegen Gaddafi würden aber ihre Luftangriffe fortsetzen, um die Zivilbevölkerung zu schützen und den "Druck auf das Regime zu erhöhen".
Dafür gehen Frankreich, Großbritannien und die USA nach Einschätzung der Regierung in Paris längst über die von der UNO festgelegten Vorgaben hinaus. Das Engagement der drei Staaten überschreite "sicherlich" bereits die Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates zu Libyen, gab der französische Verteidigungsminister Gérard Longuet im französischen Fernsehen zu. Schließlich sei in der Resolution keine Rede von der Zukunft Gaddafis.
Mit der Resolution 1973 hatte der UN-Sicherheitsrat Mitte März den Weg freigemacht für einen internationalen Militäreinsatz im libyschen Luftraum. Er soll dem Schutz der Zivilbevölkerung dienen. Inwieweit das militärische Vorgehen gegen Gaddafi durch die Resolution gedeckt ist, bleibt aber umstritten. Russlands Außenminister Sergej Lawrow mahnte Angaben eines Delegationsvertreters zufolge am zweiten Tag des NATO-Treffens in Berlin, dass der Sicherheitsrat die politische Kontrolle über die Umsetzung der Resolution behalten müsse.
Luftangriffe gegen Panzer

Die Rebellen bekommen offenbar Zulauf.
Die NATO hat in der Nacht im Westen Libyens Angriffe auf Truppen von Gaddafi geflogen. Die Luftangriffe hätten sich gegen Panzer der libyschen Armee in der Nähe der Stadt Senten gerichtet, berichteten Augenzeugen. Kampfflugzeuge hätten weiter die Region überflogen. Die 40.000-Einwohner-Stadt Senten liegt rund 150 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Tripolis. Die NATO hatte zu Wochenbeginn mitgeteilt, in der Region vier Panzer Gaddafis zerstört zu haben.
In den vergangenen Tagen haben in der Region die Kämpfe zwischen Armee und Rebellen, die dort mehrere Ortschaften kontrollieren, laut Anwohnern wieder zugenommen. Zahlreiche Menschen in den im Gebirge gelegenen Ortschaften hatten sich von Beginn an der Rebellion gegen Gaddafi angeschlossen. Die Armee versucht nun, die Kommunikation zwischen den Ortschaften zu unterbinden.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP