3000 Sünder im Visier NRW kauft Steuer-CD
14.10.2011, 16:43 UhrSteuersünder müssen wieder zittern. Nordrhein-Westfalen erwirbt eine vielversprechende Steuer-CD. Sie enthält Material zu rund 3000 Bankkunden, die in Luxemburg ihr Geld verstecken. Da die Ermittlungen bereits im Gang sind, nützt den Steuersündern eine Selbstanzeige nichts mehr. Der Fiskus darf mit etlichen Millionen Euro rechnen.

(Foto: dpa)
in Deutschland sind erneut in das Visier der Behörden geraten. Das Land Nordrhein-Westfalen habe in Abstimmung mit dem Bund "eine Steuer-CD mit Bezug zu Luxemburg erworben", erklärte das Finanzministerium in Düsseldorf. Die Informationen seien auch anderen Bundesländern "zur weiteren Auswertung" zur Verfügung gestellt worden.
Die Datensätze seien "vielversprechend", hieß es in Behördenkreisen. Sie enthielten Material zu rund 3000 Bankkunden, die Gelder am Fiskus vorbei in Luxemburg geparkt haben sollen. Untersuchungen liefen bereits. Betroffen seien Kunden der Großbank HSBC in Luxemburg.
Nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland" werden deutsche Kunden der HSBC noch im November Besuch von den Steuerfahndern bekommen. Koordiniert wird die Aktion von der Staatsanwaltschaft Bochum. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Bochum wollte die Angelegenheit auf Anfrage jedoch nicht kommentieren. Auch von Seiten der HSBC Trinkaus und Burkhardt, des deutschen Ablegers der HSBC, hieß es, man wolle "zu dem Vorgang keine Stellung" beziehen.
Die Datensätze wurden für rund 3 Millionen Euro gekauft und sollen eindeutig deutschen HSBC-Kunden zuzuordnen sein. Die Daten seien monatelang unter größter Geheimhaltung ausgewertet worden, heißt es.
Der Datensatz sei außerordentlich groß, das Material erstklassig, zitierte die "Financial Times Deutschland" aus Behördenkreisen. Dadurch, dass die Ermittlungen im Gang seien, hätten die Steuersünder auch keine Chance mehr, der Strafe durch eine Selbstanzeige zu entgehen. Die CD dürfte etliche Millionen Euro in die Staatskasse spülen, schrieb die Zeitung weiter.
Steuergewerkschaft begrüßt Kauf
Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüßte den Ankauf der Daten-CD. Dies sei derzeit das einzige effiziente Mittel, um den Tätern auf die Schliche zu kommen und Druck für mehr Steuer-Ehrlichkeit aufzubauen. "Neu ist, dass es nun Luxemburg betrifft", sagte der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler. "Wir dachten, dass man dort auf dem Pfad der Seriosität ist, aber de facto muss man Luxemburg wohl als Steuer-Oase bezeichnen und davon ausgehen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Ich schätze, dass etwa 50 Milliarden Euro unversteuertes Geld in Luxemburg liegt."
Zur Tatsache, dass eine bestimmte Bank im Gespräch ist und damit ihre Kunden vorgewarnt sein dürften, sagte Eigenthaler: "Es widerspricht normalerweise gutem ermittlungstaktischem Vorgehen, eine Razzia vorab zu verraten. Ich kann nur hoffen, dass das nicht in der Absicht geschehen ist, sie zu vereiteln."
Laut "Süddeutscher Zeitung" stehen Durchsuchungen bei den Verdächtigen unmittelbar bevor. Nach dem Informationsleck sollen die eigentlich für November nun früher stattfinden, schreibt die Zeitung ohne Angabe von Quellen. Betroffen sind demnach 3000 Kunden der Luxemburger Tochter der Großbank HSBC. Da die Ermittlungen bereits im Gang seien, hätten die Steuersünder auch keine Chance mehr, der Strafe durch eine Selbstanzeige zu entgehen.
Bundesfinanzministerium bestätigt Ankauf
Das Bundesfinanzministerium hat den Ankauf von Daten deutscher Steuersünder bestätigt. Das Land Nordrhein-Westfalen habe in Abstimmung mit der Bundesregierung eine Steuer-CD "mit Bezug zu Luxemburg" gekauft, sagte eine Ministeriumssprecherin. Die darauf enthaltenen Informationen seien den betroffenen Bundesländern zur Auswertung zur Verfügung gestellt worden. Die Bundesregierung sei "selbstverständlich der Auffassung, dass wir dort rechtmäßig handeln".
Steuerhinterzieher, die ihre Gelder in der vor dem Fiskus verstecken, waren immer wieder Ziel auch durch den Kauf von Daten-CDs ausgelöster Ermittlungen geworden - ebenso wie Mitarbeiter von Banken. Erst im vergangenen September hatte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf die Weichen für die Einstellung von Ermittlungen unter dem Verdacht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen Mitarbeiter der gestellt. Bußgelder von rund 150 Millionen Euro werden für die Bank fällig.
Mit solchen Zahlungen hatte auch die Liechtensteiner Fürstenbank LGT ein Ende der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum erreicht. Ausgelöst worden war das Verfahren gegen die LGT dadurch, dass ein Informant dem deutschen Fiskus eine CD mit LGT-Daten verkauft hatte. Hunderte Kunden flogen als Steuerhinterzieher auf. Der frühere Deutsche-Post-Chef war schon im Januar 2009 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zumwinkel hatte am Fiskus vorbei Millionen in einer von der LGT verwalteten Stiftung angelegt.
Auch Briten machen Druck
Aber nicht nur deutsche Steuerfahnder machen Druck. Die britischen Behörden hatten am Donnerstag bis zu 6000 Inhabern von Schweizer Konten der HSBC aufgefordert, ihre Steuerschulden umgehend zu begleichen. Sollten sie dies nicht tun, würden Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Die Bundesregierung und die Schweiz hatten zudem ein Abkommen zur Besteuerung deutscher Schwarzgelder unterzeichnet, das aber bei einigen Bundesländern auf heftige Kritik stößt. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte bereits signalisiert, die SPD-Länder könnten das Vorhaben im Bundesrat scheitern lassen.
Quelle: ntv.de, ghö/rts/dpa