Streit um den Haushalt NRW offenbar vor Neuwahlen
07.03.2011, 12:18 Uhr
Neuwahlen in NRW! Da sind sich Rot-Grün und Schwarz ausnahmsweise mal einig.
(Foto: dpa)
In Nordrhein-Westfalen könnte es noch in diesem Jahr Neuwahlen geben. Hintergrund ist der Streit um den Haushalt 2011, gegen den die CDU klagen will. Umfragen zufolge könnten SPD und Grüne derzeit mit einer klaren Mehrheit rechnen. CDU-Generalsekretär Wittke gibt sich jedoch entspannt: "Wer glaubt, nach der Hamburg-Wahl könnte er die ganze Welt erobern, ist auf dem Holzweg."

Kraft macht derzeit ihre erste Auslandsreise als NRW- Ministerpräsdidentin nach Israel und in die Palästinensergebiete (Archivaufnahme).
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Die Wahrscheinlichkeit für Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen möglicherweise noch vor der Sommerpause steigt. Nachdem sich am Wochenende bereits Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hinter entsprechende Ankündigungen ihres Fraktionschefs Norbert Römer gestellt hatte, springt nun auch die grüne Vize-Regierungschefin Sylvia Löhrmann auf den Zug auf. Doch auch die oppositionelle CDU ist zum vorzeitigen Urnengang bereit. Hintergrund ist der Streit um den Landeshaushalt 2011, gegen den die CDU ebenso wie schon gegen den Nachtragsetat 2010 eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht angedroht hat.
Die rot-grüne Koalition werde sich nicht von taktischen Spielchen der Opposition abhängig machen, sagte die Grünen-Politikerin, die Schulministerin im Kraft-Kabinett ist, dem WDR. Wichtig sei, dass die Regierung handlungsfähig bleibe, und das mache sich am Landeshaushalt fest. Zuvor hatten bereits die SPD und der Fraktionschef der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Reiner Priggen, vorgezogene Neuwahlen nicht ausgeschlossen.
Der NRW-Nachtragshaushalt 2010 sieht wie der reguläre Landesetat für 2011 eine Neuverschuldung von 7,1 Milliarden Euro vor. Die Landesverfassung erlaubt wegen der Schuldenbremse aber nur eine deutlich geringere Nettokreditaufnahme. SPD und Grüne begründen die hohen Defizite mit dem drohenden Zusammenbruch der einstigen Landesbank WestLB, aber auch mit einer "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" nach der Finanzkrise.
CDU sieht Kraft als "Schuldenkönigin"
Die Landes-CDU warf der rot-grünen Minderheitsregierung vor, sie erhebe das Schuldenmachen zum Regierungsprinzip. Generalsekretär Oliver Wittke sagte im WDR, die Neuverschuldung könne deutlich geringer ausfallen. SPD und Grüne nutzten Einsparmöglichkeiten nicht, zum Beispiel Stellenkürzungen bei den Landesdiensten. Mögliche Neuwahlen bezeichnete Wittke als Abstimmung über die Fortführung einer Schuldenpolitik. Die CDU habe davor keine Angst: "Wenn die SPD die Neuwahlen will, bekommt sie sie." Kraft sei "die einzige Regierungschefin in Europa, die Schuldenpolitik zu ihrem Konzept erkoren hat", höhnte der CDU-Generalsekretär.
"Wir werden natürlich klagen gegen einen verfassungswidrigen Haushalt", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Armin Laschet, der "Financial Times Deutschland". "Ein Wahlkampf über rot-rot-grüne Schuldenpolitik ist für die CDU ein Geschenk des Himmels. Wenn die SPD bei der Ankündigung bleibt, wollen auch wir Neuwahlen noch vor der Sommerpause", fügte Laschet hinzu.
Auch der Landesfraktionschef der Grünen, Reiner Priggen, geht davon aus, "dass es noch vor der Sommerpause Neuwahlen gibt". Der Berliner "tageszeitung" sagte er, die CDU könne nicht "immer nur vor Gericht ziehen". Sollte die CDU daher vor dem NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster wie angekündigt auch gegen den Haushalt für 2011 Klage erheben, seien Neuwahlen die "nachvollziehbare Reaktion".
SPD und Grüne bilden in Nordrhein-Westfalen derzeit eine Minderheitsregierung, die von der Linken im Landtag faktisch toleriert wird. Die CDU krönte wegen der Neuverschuldung Kraft zur "Schuldenkönigin" und frohlockt, ein Vehikel gefunden zu haben, um die rot-grüne Regierungspolitik in NRW effektvoll anzugreifen. Von jüngsten Umfragen ausgehend könnten SPD und Grüne jedoch gemeinsam auf eine komfortable Mehrheit im Düsseldorfer Landtag hoffen. CDU-Generalsekretär Witte warnte aber die SPD: "Wer glaubt, nach der Hamburg-Wahl könnte er die ganze Welt erobern, ist auf dem Holzweg."
Quelle: ntv.de, AFP/dpa