Es sei denn, er wandert ins Gefängnis Nawalny darf Moskaus Bürgermeister werden
17.07.2013, 13:59 Uhr
Alexey Nawalny bei einer seiner Festnahmen, hier am 10. Juli in Moskau.
(Foto: REUTERS)
Der einflussreichste Oppositionspolitiker Russlands kann im September zur Bürgermeisterwahl in Moskau kandidieren - zumindest nach aktuellem Stand der Dinge. Doch das kann sich schnell ändern: Denn in Kürze könnte Alexej Nawalny für mehrere Jahre ins Straflager gesteckt werden.
Der bekannteste russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny darf bei der Bürgermeisterwahl in Moskau am 8. September antreten. Die Wahlkommission der Hauptstadt habe die Entscheidung einstimmig getroffen, sagte Wahlleiter Valentin Gorbunow. Die Wahl gilt als wichtiger Stimmungstest für das Lager von Präsident Wladimir Putin. Der als Kämpfer gegen Korruption bekannt gewordene Nawalny ist einer der schärfsten Kritiker des Präsidenten.
Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin hatte dazu aufgerufen, dass Nawalny die notwendige Stimmenanzahl für die Registrierung erhält. Beobachter vermuten, dass dadurch ein Eindruck von Chancengleichheit vermittelt werden soll. Als Favorit gilt der 55-jährige Sobjanin - vor allem wegen massiver Unterstützung durch die Kremlpartei "Geeintes Russland".
Ob Nawalny tatsächlich antreten wird, ist zudem ungewiss. Denn dem 37-Jährigen droht in einem umstrittenen Prozess in der Stadt Kirow eine langjährige Haftstrafe wegen Veruntreuung. Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft. Nawalny weist die Vorwürfe als Inszenierung des Kremls zurück. Das Urteil soll am Donnerstag verkündet werden.
"Partei der Diebe und Gauner"
Viel Hoffnung auf ein mildes Urteil hat Nawalny nicht. Die Frage scheint bloß: Bewährungs- oder Gefängnisstrafe? Wie auch immer der ungewöhnlich schnell durchgezogene Prozess endet, alles andere als ein Freispruch würde bedeuten, dass Nawalny bei der Moskauer Bürgermeisterwahl nicht antreten darf. Und Richter Sergej Blinow hat in seiner Karriere noch niemanden freigesprochen.
Nawalny gilt als heimlicher Held der modernen Mittelklasse, die sich nach einem anderen Russland sehnt als jenem, in dem Oppositionelle gegängelt, Demonstranten verhaftet und kritische Journalisten mundtot gemacht werden. Putins-Partei nennt Nawalny "Partei der Diebe und Gauner" – eine Bezeichnung, die viele Oppositionelle übernommen haben. Auch das jüngst veröffentlichte Video von Pussy Riot nimmt darauf Bezug.
Doch unter Oppositionellen ist Nawalny keineswegs unumstritten. Eingeschüchterte Demonstranten schmäht er schon mal als "Lämmer", seine mitunter nationalistische Rhetorik und Teilnahme an umstrittenen Aufmärschen ausländerfeindlicher Gruppierungen kreiden ihm viele an. Wie viele Stimmen er bei einer demokratischen Bürgermeisterwahl tatsächlich bekommen würde? Das werden die Russen wohl nie erfahren.
Quelle: ntv.de, jga/dpa/AFP