Haftstrafe auf Bewährung ausgesetzt Nawalny muss nicht ins Gefängnis
16.10.2013, 17:20 Uhr
Nawalny will sich gegen das Urteil wehren. Er plädiert auf Freispruch.
(Foto: dpa)
Kreml-Gegner Nawalny wird zur Bewährung verurteilt. Bürgerrechtler befürchten aber, dass der Aktivist nur nicht vor den Olympischen Winterspielen eingesperrt sein soll. Bis dahin steht der 37-Jährige an seinem Wohnort quasi unter Hausarrest.
Ein russisches Gericht hat die fünfjährige Haftstrafe gegen den bekannten Oppositionspolitiker Alexej Nawalny zur Bewährung ausgesetzt. Obwohl Nawalny damit in Freiheit bleiben darf, bezeichnete er das Urteil als "ungerecht" und kündigte erneut Berufung an. Er hatte zu Beginn der Verhandlung auf einen vollständigen Freispruch plädiert. Dabei will er bleiben.
Nawalny weist die Vorwürfe als politische Inszenierung des Kreml zurück. Er hatte bei der nur dreistündigen Verhandlung in d er Stadt Kirow auf einen vollständigen Freispruch plädiert.
Russische Bürgerrechtler kritisierten, dass der Richter dem nicht gefolgt sei. Die Strafe sei "lächerlich", denn Nawalny sei unschuldig, sagte Ljudmila Alexejewa von der Moskauer Helsinki-Gruppe. Die deutschen Grünen-Politiker Marieluise Beck und Werner Schulz sprachen von einem "Täuschungsmanöver" des Kreml.
Die Bundestagsabgeordnete Beck betonte, es sei wohl die Absicht des Kreml, Nawalny nicht vor den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi ins Gefängnis zu werfen. Nawalny sei aber "ausgeschaltet". Der Europaparlamentarier Schulz unterstrich, Putin sei es gelungen, "sich seinen schärfsten politischen Gegner vom Hals zu schaffen".
Regierungen wollen sich raushalten
Ein Sprecher von Präsident Putin sagte, dieser habe mit dem Verfahren "nichts zu tun". Putin selbst hatte über seinen Kritiker, den er nie beim Namen nennt, vor kurzem gesagt: "Überall, wo dieser Herr auftaucht, gibt es Probleme."
Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend zum Urteil. "Es ist im Zweifelsfall eher günstiger als vorher. Aber ob es gut ist, kann ich nicht sagen", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin.
Nawalny darf Wohnort nicht verlassen
Der 37-Jährige soll 2009 als Berater des Gouverneurs eine staatliche Holzfirma um rund 400.000 Euro geprellt haben. Der Gegner von Präsident Wladimir Putin weist die Vorwürfe als politische Inszenierung des Kreml zurück. Das Urteil in Kirow rund 900 Kilometer nordöstlich von Moskau gilt als Gradmesser für den Umgang mit Andersdenkenden in Russland. Vor dem Gerichtsgebäude protestierten Nawalny-Anhänger.
Nawalny wirkte vor Gericht nervös, als er am Morgen gemeinsam mit dem Mitangeklagten Pjotr Ofizerow zur Verhandlung erschien. Auf der Anklagebank tippte er auf einem tragbaren Computer, auf dem ein Aufkleber mit der Aufschrift "Putin – Dieb" prangte.
Der Richter betonte, Nawalny dürfe seinen Wohnort nicht ohne amtliche Erlaubnis verlassen und müsse sich mindestens zweimal im Monat bei den Behörden melden. Die ganze Urteilsbegründung werde er später veröffentlichen. In dem Berufungsverfahren wurde auch die Haftstrafe für Nawalnys Geschäftspartner Ofizerow, der im Juli ebenfalls verurteilt worden war, zur Bewährung ausgesetzt.
Er werde den "politischen Kampf fortsetzen", kündigte Nawalny an. Da das erste Urteil noch nicht rechtskräftig gewesen war, blieb Nawalny nach dem Richterspruch von Juli auf freiem Fuß und durfte im September bei der Moskauer Bürgermeisterwahl kandidieren. Mit 27,24 Prozent der Stimmen gelang Russlands bekanntem Korruptionsgegner dabei ein Achtungserfolg.
Quelle: ntv.de, lsc/dpa/AFP