Kleiner Erfolg für Putins Intimfeind Nawalny vorerst wieder frei
19.07.2013, 09:24 UhrDamit hatte niemand gerechnet: Der Putin-Kritiker Nawalny steht nicht mal 24 Stunden nach seiner Verurteilung wieder vor Gericht - diesmal, weil die Generalstaatsanwaltschaft von Moskau keinen Grund für seine Inhaftierung sieht. Und tatsächlich: Er kommt vorerst frei. Nawalny-Unterstützer schöpfen Hoffnung.
Der weltweit bekannte Gegner von Russlands Regierungsapparat, der Politiker und Blogger Alexej Nawalny, kommt vorläufig wieder frei. Auf Antrag der Moskauer Generalstaatsanwaltschaft entschied das Gericht in der Stadt Kirow, dass der 37-Jährige noch nicht festgenommen werden dürfe. Der richterliche Beschluss vom Donnerstag war falsch, Nawalny darf sich frei bewegen, denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Donnerstag war Nawalny wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Straflager verurteilt worden. An diesem Richterspruch ändert die jüngste Entscheidung nichts.
Obwohl das Urteil noch angefochten werden kann, hatte Richter Sergej Blinow den mutigen Oppositionellen noch im Saal festnehmen lassen. Daraufhin stürmten Tausende wütende Demonstranten auf die Straßen Russlands. Berichten zufolge gab es allein in Moskau mehr als 200 Festnahmen.
Nawalny wird in der russischen Bevölkerung als Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft geschätzt. Er hat mehrfach gezeigt, dass er Massen mobilisieren kann. Verurteilt wurde Nawalny, weil er 2009 als Berater eine staatliche Holzfirma betrogen haben soll. Die Anklage warf ihm vor, umgerechnet 400.000 Euro erschlichen haben. Dies bestritt Nawalny und bezeichnete den Prozess als eine Inszenierung. Über Twitter beschwerte er sich, dass der Richter alle Beweise verzerrt habe.
Merkel vermutet "Schauprozess"
Auch die Bundesregierung hatte von einem "Schauprozess" gesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte die Gerichtsentscheidung: "Es drängen sich Zweifel auf, ob bei diesem Prozess strafrechtliche Motive im Vordergrund gestanden haben", hieß in einer Mitteilung des Bundespresseamts im Namen der Kanzlerin. "Fünf Jahre Haft erscheinen selbst vor dem Hintergrund des ihm zur Last gelegten Verbrechens unverhältnismäßig hoch."
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton ließ über ihren Sprecher mitteilen, das Urteil gegen Nawalny werfe "angesichts verfahrenstechnischer Mängel ernsthafte Fragen über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in Russland auf." Der ehemals reichste Mann Russlands, Michail Chodorkowski, hatte in einer wütenden Stellungnahme reagiert. Der scharfe Putin-Kritiker, der ebenfalls zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, sprach von einer "Unterdrückungsmaschinerie der Macht", die sich immer wieder zufällige Opfer suche.
Quelle: ntv.de, jtw/dpa/AFP