Missbrauchsvorwürfe in Israel Netanjahu-Vize tritt zurück
21.12.2015, 08:00 Uhr
Unter Beschuss: Israels ehemaliger Vize-Regierungschef Silvan Schalom.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Israels Vize-Regierungschef Silvan Schalom wirft hin - und reagiert damit auf Vorwürfe mehrerer Frauen, die ihn der sexuellen Belästigung beschuldigen. Während die Justiz ermittelt, beteuert der Politiker weiter seine Unschuld.
Der unter dem Verdacht sexueller Belästigung stehende israelische Vize-Regierungschef und Innenminister Silvan Schalom hat seinen Rücktritt erklärt. "Ich habe das Leiden satt", hieß es in einer Mitteilung des 57-jährigen Politikers der rechtsorientierten Regierungspartei Likud. Er habe entschieden, "unter diesen Umständen" von seinen Posten zurückzutreten. Schalom wird von mehreren Frauen beschuldigt, sie sexuell belästigt zu haben. Er beteuert aber seine Unschuld.
"23 Jahre lang habe ich der Öffentlichkeit in Treue und Hingabe als Abgeordneter und Minister in verschiedenen Ämtern gedient", teilte der Politiker mit. Er wolle seine Mutter, seine Frau und seine Kinder vor weiterem Leid schützen. "Meine Familie steht voll hinter mir, aber es ist den Preis nicht mehr wert." Israels Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein hat nach Medienberichten eine Untersuchung der Vorwürfe gegen Schalom angeordnet. Laut der Zeitung "Jerusalem Post" hatten sich elf Frauen über sexuelle Übergriffe durch ihn beschwert. Sein Parlamentssitz soll an Amir Ohana, den ersten offen schwul lebenden Likud-Abgeordneten gehen.
Die linksgerichtete Zeitung "Haaretz" berichtete vergangene Woche, eine Ex-Mitarbeiterin habe Schalom beschuldigt, aber nicht bei der Polizei angezeigt. Dem Bericht zufolge soll er die Frau vor zehn Jahren zu Oralsex aufgefordert haben und dabei seine Machtposition missbraucht haben. Der Fall könne aber wegen Verjährung nicht verfolgt werden.
Kritiker: "Sieg der öffentlichen Normen"
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte seinen Parteifreund im Mai zum Verantwortlichen für die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern ernannt. Schalom gilt als Gegner eines unabhängigen palästinensischen Staates und unterstützte in der Vergangenheit Israels umstrittene Siedlungspolitik. Er ist verheiratet mit der Journalistin Judy Nir-Moses, die aus einer der einflussreichsten Familien Israels stammt. Sie äußerte sich via Twitter zum Rücktritt: "Traurig. Aber meine Kinder sind wichtiger als alles andere."
Politikerinnen der linksliberalen Oppositionspartei Merez begrüßten Schaloms Demission als "Sieg der öffentlichen Normen", die von israelischen Repräsentanten eingehalten werden müssten. Israel ist bereits von mehreren ähnlichen Skandalen erschüttert worden. So wurde etwa der ehemalige Präsident Mosche Katzav 2011 wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP