Politik

US-Präsident bricht Tabu Netanjahu beschwert sich

Freundlich, aber bestimmt: Benjamin Netanjahu, links

Freundlich, aber bestimmt: Benjamin Netanjahu, links

(Foto: REUTERS)

Mehrere Stunden dauert das Gespräch zwischen US-Präsident Obama und dem israelischen Ministerpräsident Netanjahu im Weißen Haus. Dann ist klar: Nach der historischen Grundsatzrede gibt es kaum Annäherung. Die USA setzen im Nahost-Konflikt auf die Grenzen von 1967, für Israel ist das nicht akzeptabel. Das Nahostquartett stellt sich hinter Obama.

US-Präsident Barack Obama und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu haben nach einem mehrstündigen Gespräch offenbar kaum Annäherung über eine mögliche Friedensregelung in Nahost erzielt. Es gebe Unterschiede in der Beurteilung einer möglichen Ausgangsposition für neue Verhandlungen, sagte Obama nach dem Treffen im Weißen Haus in Washington. "Offensichtlich haben wir Differenzen in präzisen Formulierungen und in der Sprache. (...) Aber das kommt unter Freunden vor." Die Gespräche seien jedoch "extrem konstruktiv" verlaufen.

Der US-Präsident hatte zum Ärger Netanjahus in einer Grundsatzrede mit einem Tabu gebrochen. Er schlug erstmals öffentlich vor, dass Friedensgespräche zwischen Israel und Palästinensern auf Basis der Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 beginnen könnten. Netanjahu wies dies erneut zurück. "Israel ist bereit, großzügige Kompromisse einzugehen, aber es kann nicht zu den Grenzen von 1967 zurückgehen", sagte Netanjahu. Diese seien Israel nicht zu verteidigen, sagte er nach dem Treffen mit Obama. "Wir brauchen eine langfristige militärische Präsenz am Jordan."

Der Nahost-Gesandte der amerikanischen Regierung, George Mitchell, will Medienberichten zufolge zurücktreten - wegen Erfolglosigkeit im Friedensprozess.

Der Nahost-Gesandte der amerikanischen Regierung, George Mitchell, will Medienberichten zufolge zurücktreten - wegen Erfolglosigkeit im Friedensprozess.

(Foto: dpa)

Im Jahr 2004 hatte die US-Regierung eine Zusage gegeben, das von Israel kein Rückzug auf die Grenzen von 1967 erwartet werde. Netanjahu lehnte zudem erneut vehement Verhandlungen mit einer palästinensischen Gegenseite ab, in der die radikal-islamische Hamas eine Rolle spielt, die er als "palästinensische Version" des Terrornetzwerkes Al-Kaida bezeichnete.

Internationale Zustimmung

Das Nahostquartett begrüßte indes "die Vision" von Obama. Die Mitglieder des Quartetts "stimmen voll damit überein, dass der Konflikt dringend gelöst werden muss", hieß es in einer Erklärung. Dem Quartett gehören außer den USA und Russland die Vereinten Nationen sowie die EU an. Die Staaten appellierten an beide Seiten, die gegenwärtigen Hürden zu überwinden und ohne weiteren Aufschub und Vorbedingung zu direkten bilateralen Gesprächen zurückzukehren.

Bereits vor dem Treffen im Weißen Haus äußerte sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu enttäuscht über die Vorschläge Obamas geäußert. Der US-Präsident hatte sich in seiner Grundsatzrede zur Nahost-Politik erstmals öffentlich für einen israelischen Rückzug auf die Grenzen von 1967 eingesetzt und damit die palästinensische Position unterstützt. Zugleich sprach er sich für einen Gebietsaustausch in beiderseitigem Einvernehmen aus. Dies würde die Möglichkeit eröffnen, dass Veränderungen seit der israelischen Besetzung des Westjordanlands im Zuge des Sechs-Tage-Kriegs berücksichtigt werden.

Netanjahu bemängelte auch, dass Obama in seiner Rede nicht weiter auf das palästinensische Flüchtlingsproblem eingegangen war. Ohne eine Lösung dieses Problems außerhalb der Grenzen Israels könnten territoriale Zugeständnisse den Konflikt nicht beenden, hieß es in der Erklärung des Ministerpräsidenten weiter. Darüber hinaus sollten die Palästinenser Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes anerkennen.

Netanjahu protestierte telefonisch

Große Aufmerksamkeit: Ein Palästinenser in Gaza verfolgt Obamas Rede.

Große Aufmerksamkeit: Ein Palästinenser in Gaza verfolgt Obamas Rede.

(Foto: AP)

Bis zuletzt hatte sich Israel gegen die Äußerungen von US-Präsident über künftige Grenzen eines Palästinenserstaates zur Wehr gesetzt. Wie die "New York Times" berichtete, beschwerte sich Ministerpräsident Netanjahu noch wenige Stunden vor Obamas Rede persönlich. Er habe mit Außenministerin Hillary Clinton telefoniert und "protestiert", hieß es. Auch nach Obamas Auftritt hätten israelische Beamte versucht, Änderungen in dem Redetext zu erwirken. Dies habe dazu geführt, dass Obama erst 35 Minuten verspätet mit seiner Rede begonnen habe.

Im Gegensatz zu Israel begrüßte Jordanien die Rede Obamas. Der jordanische Außenminister Nasser Judeh sagte, die Erklärung über die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 sei von höchster Wichtigkeit. "Es ist das erste Mal, dass ein amerikanischer Präsident eindeutig die US-Vision eines Palästinerserstaates in den Grenzen vom 4. Juni 1967 darlegt", sagte Judeh.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte Obamas Worte ein "kraftvolles Signal der Unterstützung für den demokratischen Wandel". Die Rede gebe all denjenigen Rückenwind, die sich für "mehr Freiheit, Demokratie und Chancen auf persönlichen Wohlstand" in Nordafrika und in der arabischen Welt insgesamt einsetzten, erklärte Westerwelle. Er begrüße, dass sich Obama "so klar und engagiert zum Ziel einer umfassenden und gerechten Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten" bekannte habe, erklärte Westerwelle. "Wir werden alle Bemühungen unterstützen, die Fortschritte in diese Richtung ermöglichen."

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/rts/AFP

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