Politik

Geiseldrama von Beslan Neue Enthüllungen

Die russische Regierung hat nach Kreml-Angaben während des Geiseldramas von Beslan die Forderung der Kidnapper erfüllen wollen, 30 tschetschenische Rebellen freizulassen. "Wir waren bereit, ihnen ihre Leute zu übergeben und jeden von ihnen gegen viele Kinder einzutauschen", sagte der Kreml-Berater Aslambek Aslachanow am Donnerstag in Moskau. Er hatte während der Geiselnahme drei Mal telefonisch mit dem Überfallkommando gesprochen. In "weniger als 24 Stunden" hätten die Gefangenen versammelt werden können. Am 2. September, dem zweiten Tag der Geiselnahme, habe Präsident Wladimir Putin der Überstellung der Gefangenen zugestimmt. "Der Präsident sagte zu mir: 'Tu alles, damit es kein Blutvergießen gibt!'".

Geiselnehmer forderten Abzug aus Tschetschenien

Der Kreml-Berater bestätigte auch die weiteren Forderungen der Geiselnehmer: den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien und die Anerkennung der Unabhängigkeit der Kaukasusrepublik. Mehr als 700 Menschen – "Politiker, Künstler und vor allem Sportler" - seien bereit gewesen, für die Geiseln einzuspringen, sagte Aslachanow. "Aber was passiert ist, ist passiert, es war bereits zu spät."

Neue Hintergründe über Ende des Geiseldramas

Ein Mitglied des Krisenstabes enthüllte in der Internetzeitung "gazeta.ru" neue Hintergründe zum blutig zu Ende gegangenen Geiseldrama. Nach offiziellen Angaben kamen 339 Menschen ums Leben, unter ihnen 156 Kinder. "In jedem Lehrbuch zum Anti-Terror-Kampf steht, man solle die Geiselnehmer überzeugen, dass es keinen Angriff gibt und gleichzeitig einen Angriff vorbereiten", sagte der Mann. "In Beslan haben wir das Gegenteil gemacht. Wir haben den Geiselnehmern gesagt, es werde einen Sturm auf die Schule geben, wir hatten ihn nur noch nicht vorbereitet."

Die Vertreter des Krisenstabs hätten im Fernsehen die Zahl der Geiseln mit 354 als zu niedrig angegeben, obwohl sie gewusst hätten, dass die Geiselnehmer Fernsehen schauten. Dadurch seien die Täter nervös geworden: Sie hätten gedacht, mit der zu niedrig angegebenen Zahl solle ein Angriff vorbereitet werden. Diese Einschätzung sei noch dadurch verstärkt worden, dass die Behörden die Forderungen der Geiselnehmer nicht veröffentlichten.

Abgeordnetenhaus ordnet Untersuchung an

Boris Gryslow, Sprecher des russischen Abgeordnetenhauses, kündigte am Donnerstag an, dass die Duma ebenfalls das Geiseldrama untersuchen werde. Die andere Parlamentskammer, der Föderationsrat, hatte in der Vorwoche bereits eine eigene Untersuchung beschlossen. Der Duma-Untersuchungsausschuss soll noch diesen Monat seine Arbeit aufnehmen. Er wird sich auch mit dem Absturz zweier Flugzeuge im August und einem Selbstmordanschlag in Moskau befassen. Zu beiden Taten bekannte sich die radikale Moslemgruppe der Islambuli-Brigaden. Putin hatte eine parlamentarische Untersuchung des Geiseldramas zunächst abgelehnt, vergangenen Freitag aber überraschend eine Untersuchung durch den Föderationsrat angekündigt. Duma und Föderationsrat beraten laut einem Sprecher Gryslows derzeit, ob sie einen gemeinsame Kommission einrichten.

Putin lehnte Verhandlungen mit Tschetschenenführern ab

Putin verteidigte unterdessen die Ablehnung von Verhandlungen mit Tschetschenenführern während der Geiselnahme. El-Kaida-Chef Osama bin Laden habe Europa bereits zwei Mal Verhandlungen angeboten, doch niemand wolle mit ihm verhandeln, sagte er in der kasachischen Hauptstadt Astana. "Das sind Menschen, mit denen man nicht reden kann. Die Methoden der Terroristen erlauben uns nicht, Kontakt zu ihnen aufzunehmen", sagte er. In Astana trafen sich zehn der insgesamt zwölf Präsidenten der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS). Schwerpunkt des Treffens war der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Außerdem wurde Putin erneut zum GUS-Vorsitzenden ernannt.

Quelle: ntv.de

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