FARC-Geisel Betancourt Neue Initiative Frankreichs
04.04.2008, 07:57 UhrFrankreich hat einen neuen Anlauf zur Rettung der von linken FARC-Rebellen in Kolumbien festgehaltenen schwer kranken früheren Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt unternommen. Angesichts dramatischer Berichte über die Erkrankung der 46-Jährigen landete ein Flugzeug der französischen Luftwaffe in der Hauptstadt Bogot, mit der Ärzte zu Betancourt geflogen werden könnten.
Die 46-jährige Betancourt soll nach Berichten von Augenzeugen an Hepatitis B, Malaria und dem sogenannten Schwarzen Fieber erkrankt sein. Aus ärztlichen Kreisen hieß es, die von Sarkozy angeordnete Behandlung Betancourts könne nicht an einem Tag erfolgen. Eventuell sei sie sogar nicht einmal mehr transportfähig.
Die den FARC nahestehende Nachrichtenagentur Anncol kritisierte die französische Initiative scharf. Die Aktion sei offenbar nicht mit den Rebellen abgestimmt, stand in einem auf der Anncol-Internetseite verbreiteten Text.
Vorsichtige Kontaktaufnahme
Anncol schrieb weiter, die Rebellen seien vermutlich extrem vorsichtig bei der Aufnahme von Kontakten, nachdem ihr Vize-Chef Ral Reyes am 1. März durch den Anruf eines Vertreters der französischen Regierung geortet und mit einer Rakete in Ecuador getötet worden sei. Sowohl die französische Botschaft in Bogot wie auch Kolumbiens Verteidigungsminister Santos haben dementiert, Reyes sei durch einen Telefonanruf lokalisiert worden. Diese Information stamme vielmehr von einem ungenannten Informanten, dem eine entsprechende Belohnung ausgezahlt werden solle, sagte Santos.
Der "mafiösen" kolumbianischen Regierung sei auf keinen Fall zu trauen, stand in dem Anncol-Text weiter. Präsident Alvaro Uribe sei imstande, den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy Hilfe bei der "Suche nach Ingrid" zuzusagen und zugleich Raketen zu schicken, um Betancourt zu töten. Außerdem dürfe nicht vergessen werden, dass Frankreich ein kapitalistisches Land sowie Mitglied der NATO und Sarkozy ein rechter Politiker sei.
Nicht ohne Gegenleistung
Die FARC selbst hat eine Freilassung von Betancourt ohne Gegenleistung ausgeschlossen. Voraussetzung dafür bleibe die Freilassung inhaftierter Rebellen. "Die in unseren Lagern festgehaltenen Personen werden nur im Rahmen eines Austausches von Gefangenen freigelassen", schrieben der sogenannte Außenminister der marxistischen "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC), Rodrigo Granda, und der Rebellen-Kommandant Jess Santrich in einem von dem venezolanischen Nachrichtenportal "Noticias 24" veröffentlichten Text.
"Es ist nicht hinnehmbar, dass man uns um eine weitere Geste des Friedenswillens bittet, wenn alles, was wir als Antwort auf die vielen ehrlichen Bekundungen unserer Bereitschaft zu einer politischen Lösung des Konflikts erhalten haben, nur Schändlichkeit und Niedertracht war", hieß es in dem Text weiter. Auf die Bemühungen eines französischen Ärzteteams, zu Betancourt vorgelassen zu werden, ging Granda nicht ein. Die Tötung eines FARC-Befehlshabers im März habe die Verhandlungen erschwert, hieß es.
Ch vez will helfen
Venezuelas Staatspräsident Hugo Chvez hat Frankreich unterdessen Hilfe bei der Rettung der von linken FARC-Rebellen in Kolumbien festgehaltenen schwer kranken früheren Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt angeboten. Er habe mit seinem französischen Amtskollegen Sarkozy telefoniert und dabei seine Bereitschaft mitgeteilt, Sarkozy auf einer humanitären Rettungsaktion in Kolumbien persönlich zu begleiten, sagte der Linksnationalist in Caracas, nachdem die FARC eine einseitige Befreiungsaktion abgelehnt haben.
"Ich wäre bereit, zusammen mit Sarkozy Ingrid abzuholen, und nicht nur Ingrid, sondern eine ganze Gruppe von Geiseln, um so das Thema des humanitären Austauschs wieder aufzunehmen", sagte der umstrittene Venezolaner, dem sehr gute Kontakte zur FARC nachgesagt werden. Die Situation um die Befreiung der Geiseln sei allerdings sehr kompliziert, so der Linksnationalist im staatlichen Fernsehen. Sarkozy habe ihm etwa vorgeschlagen, den FARC-Führer Ivn Mrquez zu kontaktieren, um die Rettungsaktion voranzubringen, aber das sei äußerst schwierig, da Mrquez von den USA gejagt werde.
Risiko für die Geiseln
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Bogot, das an fast allen früheren Geiselfreilassungen als neutrale Institution beteiligt war, betonte, es sei von den FARC weder kontaktiert noch zur Teilnahme an einer Aktion aufgefordert worden. Eine nicht abgesprochene Annäherung ausländischer Vertreter an Lager der Rebellen stellt nach Einschätzung von Beobachtern in Bogot ein erhebliches Risiko für die Geiseln dar. Die Rebellen könnten dies für einen Befreiungsversuch halten und ihre Drohung wahr machen, ihre Geiseln zu erschießen.
Unterdessen warnte die frühere FARC-Geisel Luis Eladio Prez, der Tod Betancourts in der Geiselhaft würde das Ende der Rebellengruppe bedeuten. Prez war vor zwei Monaten nach sieben Jahren in der Gefangenschaft der "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) nach einer Vermittlungsaktion des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez frei gelassen worden. "Sie können es sich einfach nicht erlauben, Ingrid im Urwald sterben zu lassen", sagte er Radio Caracol.
Entf ührer bittet um Vergebung
Aus einem Gefängnis heraus meldete sich zudem der inzwischen inhaftierte Guerrillero zu Wort, der Betancourt am 23. Januar 2002 im Süden des Landes an einer Straßensperre als Geisel genommen hatte. Was damals passiert sei, tue ihm "sehr leid" und er wolle die Familie Betancourts und "besonders Ingrid" um Vergebung bitten, sagte "Norberto Une" im kolumbianischen Fernsehen.
Quelle: ntv.de